22. Januar 1967: OBM als Ehrensenator

22.1.2017, 07:00 Uhr
22. Januar 1967: OBM als Ehrensenator

© Gerardi

Bei den Nürnbergern – das zeigt die gute Stimmung, die allenthalben bei den Karnevalsveranstaltungen herrscht – gilt offenbar noch des Bürgermeisters Wort. Selbst beim Rathaus war vor einiger Zeit der trockene Akten-Alltag vergessen, als die „Luftflotte des Prinzen Karneval“ Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter zum Ehrensenator schlug; eine Würde, die dem Humoristen Herbert Hisel bei der Ka.Ge. Gelb-Rot Noris-Badensia erfahren durfte.

Eine Feststellung vorneweg: das Stadtoberhaupt wird immer mehr zur zentralen Figur des Faschings. Gestern nachmittag stürmte der Elferrat der „Luftflotte des Prinzen Karneval“ sein Dienstzimmer, um ihm die hohe Würde anzutragen. Die Insignien überreichte – protokollgerecht von zwei adretten Pagen flankiert – Präsident Edmund Fürnkäs auf himmelblauem Sammetkissen: goldene Kette, Urkunde, Mütze und Orden.

„Wir versichern Ihnen“, so erklärte der Narren-Regisseur, „daß wir ohne eingeknicktes Fahrgestell die Karnevalskampagne überleben werden“. Dr. Urschlechter spornte seinerseits die Narren zu Frohsinn und Humor an, „weil das gerade in der heutigen Zeit wichtiger denn je ist“. Er rühmte Opferbereitschaft und Idealismus der Faschingsmatadoren und ließ alle Sorgen fahren, als ein dreifaches „Flieger Ahaa“ durch den Raum donnerte und der Ehrensenator-Sekt aufgefahren wurde.

Sorglose Heiterkeit herrschte auch wenige Stunden später, als am Abend die Ka.Ge. Gelb-Rot Noris-Badensia im Gesellschaftshaus Gartenstadt ihren karnevalistischen Wirbel entfachte, in den sich als „städtischer Beobachter“ auch Stadtrat Robert Schedl gestürzt hatte. Ein heiteres Programm, beginnend beim „Till“, der schlechte Fernsehprogramme und die Ebbe im Stadtsäckel aufs Korn nahm, und endend bei den Pegnitz-Spatzen, boten die Narren um Präsident Bert Forsbach, der als willkommene Freunde die Mannen von der Karnevalsgesellschaft Spalt mit ihrem Präsidenten Robert Schleicher begrüßen konnte.

Dazwischen aber lag die Krönung des Profi-Humoristen Herbert Hisel zum Ehrensenator, während Gesellschaftsmitglied Georg Schwarz – er gehört auch dem Festausschuß Nürnberger Karneval an – zum Senator ernannt wurde. Selbstverständlich erwiesen auch Seine Tollität Prinz Rudi I. und Ihre Lieblichkeit Prinzessin Lydia I. ihren Untertanen im Gesellschaftshaus Gartenstadt die nötige Reverenz, ein prächtiges Ereignis, das auch die Dresdensia-Prunksitzung im Tanzcafé Meissner zierte.

Das Prinzenpaar war jedoch kaum zum nächsten Restaurant aufgebrochen, als Dresdensia-Elferratspräsident Hartl Schimpf auch schon zum großen Schlag ausholte. Er entließ kurzerhand seinen Elferrat, um ihn durch die anwesende Prominenz zu ersetzen. Die Nürnberger stellten dabei selbstverständlich das größte Aufgebot. Außer dem Bürgermeister Franz Haas, Polizeioberrat Helmut Weniger, Oberstleutnant Wilhelm Schoepf und Tanzlehrer Heinz Meissner hatten sie einen echten Präsidenten in ihren Reihen: Dr. Kurt Wiesemeyer von der Oberpostdirektion.

„Jetzt geht es ihm so, als würde er im Stadtrat gefragt werden, wo das Geld geblieben ist“, freute sich schon Erhard Schimpf, als er Franz Haas an das Mikrophon bat. Doch er wurde sogleich belehrt, daß ein Mann, bei dem Reden zum Handwerk gehört, auch vor dem heiteren Volk seine Sprache nicht verliert. Freilich, als einziger gebürtiger Nürnberger in der erlauchten Runde wies er den Verdacht zurück, er könne mit fremden Mächten konspirieren. Dafür verteilte er die Parole: der Fasching ist kurz, feiert schneller, ihr Narren!

Wie ein Lauffeuer muß sich diese Devise in der Stadt verbreitet haben. Denn für manchen braven Bürger, der ins Narrenkleid geschlüpft war, schienen die Stunden nur Minuten gewesen zu sein, als er sich am Samstagmorgen auf den Heimweg machte.

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