24. Oktober 1966: Er war Zirkus-Kaiser
24.10.2016, 07:00 UhrSie heißen Paula Busch und Will Aureden und sind die Direktoren der vereinten Zirkus-Unternehmen, die noch bis zum 31. Oktober ein Gastspiel auf der Deutschherrnwiese geben. Es klang fast wie ein Märchen, als die Freunde Trude, Paula und Will gestern in Erinnerungen an die zwanziger und dreißiger Jahre wieder jung wurden und der schon fast legendäre Zirkus-Kaiser Hans Stosch-Sarrasani so lebensnah heraufbeschworen wurde, daß man meinte, er stünde im Wohnwagen.
1928 oder 1929 muß es gewesen sein, genau wußte es keiner mehr, als bei einem Sarrasani-Gastspiel am Schlachthof ein Tiger ausriß, in eine Gaststätte eindrang, von seinen Verfolgern gehetzt durchs Fenster über die Menschen auf der Straße hinwegsprang und in einem Stakettenzaun auf der gegenüberliegenden Straßenseite schwer verletzt hängenblieb. Das Lokal nannte sich später "Zum Tigersprung". Leider existiert es heute nicht mehr.
Trude Stosch-Sarrasani, die Schwiegertochter des legendären „Alten“, berichtete vom Schicksalsjahr 1934, in dem ihr Schwiegervater in Sao Paulo starb, der Winterbau des Unternehmens von einem Brandstifter in Schutt und Asche gelegt wurde und ein "Pampero", ein Wirbelsturm, auch das Zelt zerstörte. 1935 kehrte der Zirkus wieder in die Heimat zurück, 1941 starb Hans Stosch junior, beim Angriff auf Dresden am 13. Februar 1945 ging schließlich alles in Flammen auf.
Frau Trude Stosch-Sarrasani gab nicht auf. In Argentinien gründete sie mit Hilfe von Freunden und Gönnern ein neues Unternehmen mit dem traditionsreichen Namen, das sie erst vor etwa zwei Jahren aufgab. Jetzt will die Farmerin aus der Pampa etwas Neues aufbauen. "Die schönste Schau zweier Welten" schwebt ihr vor, und um diesen Plan verwirklichen zu können, will sie sich im alten Europa umsehen. Aber auch das Heimweh – sie gibt es offen zu – trug zum Entschluß zur Reise bei.
„Der neue Zirkus Sarrasani, der seit 1956 Gastspiele in Deutschland und Europa gibt, wird bei uns weiterbestehen“, erklärte Frau Trude Stosch. Der Zufall wollte es, daß die charmante Zirkus-Chefin plötzlich auf "fliegende Untertassen" zu sprechen kam. "Dieses Phänomen gibt es", versicherte sie. Sie hat schon selbst die bunt schillernden Erscheinungen gesehen, ganz aus der Nähe, und sie schwört darauf, daß irgendetwas existiert, was sich menschlichem Zugriff bisher entzogen hat. In Argentinien habe man Kommissionen gebildet, die sich nur mit diesen Erscheinungen befassen.
Will Aureden, Direktor des Zirkus Roland, macht die Nürnberger übrigens darauf aufmerksam, daß er das erfolgreiche Gastspiel auf der Deutschherrnwiese – fliegenden Untertassen zum Trotz – nicht über den 31. Oktober hinaus verlängern kann.
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