3. Februar 1969: Der Trichter feiert Geburtstag
3.2.2019, 08:18 UhrDie Erwartungen, die die Narrenfreunde an das riesige Transparent auf der Bühne „60 Jahre lachender Trichter“ geknüpft hatten, wurden am Samstag in der Meistersingerhalle weitgehend erfüllt. Zwar hoffte mancher Besucher noch auf eine Heerschau der eigenen Aktiven. Aber die Einheimischen hatten das Feld vielfach den Gästen aus Holland und Österreich sowie den Kollegen aus bundesdeutschen Karnevals-Hochburgen überlassen.
Die Gesellschaft folgte damit der neuen Linie im Nürnberger Fasching, die mit „international“ überschrieben werden könnte.
Damit sei nichts über die illustre Gästeschar gesagt. Im Gegenteil: das Wiener Opernballett gab dem Abend die Glanzlichter. Daß beim übrigen Programm zuweilen nicht der zündende Funke übersprang, mag manchmal auch am Publikum gelegen haben: „den netten, aber sturen Nürnbergern“, wie es vom Arnheimer Prinzen von der Mark bezeichnet wurde. Und er müßte es wissen, denn er ist mit einer Nürnbergerin verheiratet.
Von der Mark hatte auch die Arnheimer Prinzengarde, eine Pfadfinder-Kapelle und die „Drei Carnads“ mitgebracht, die ihre Pfeile auf den FCN abschossen und Hennes Küppers viel zu kurze Beine bescheinigten.
Dafür, daß das Nürnberger Kolorit nicht ganz zu kurz kam, dafür sorgten „Die Gleisschleifer“ mit ihrem Blödsinn, das Herrenballett und das Kinderballett des „Trichters“ (Nachwuchs ist also vorhanden) und dann – Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter, der in die Bütt‘ stieg. Nachdem er sich für seine heisere Stimme entschuldigt („Ich hab‘ im Stadion immer geschrien Club vor, noch ein Tor, aber die anderen haben‘s geschossen“) und um Immunität gebeten hatte, spießte er mit treffendem Witz große und kleine Lokalereignisse auf wie beispielsweise das Tauziehen um die Königstorzone („ Befürchte, wir bekommen das Kulturzentrum erst im Jahr 2000“); er wollte die Elferräte auf die Rathausfraktionen verteilt wissen und bat darum, im Stadtrat wieder Deutsch statt Latein einzuführen.
Schon am Vormittag hatte das Stadtoberhaupt den Jubelverein, die Abordnungen der anderen Nürnberger Gesellschaften und auch die Gäste zum Stehempfang ins Rathaus gebeten. Dem Symbol der Faschingsvereinigung bescheinigte er, daß es schon seinen Sinn hat. Vor zwei Jahren beispielsweise habe man dem Clubtrainer auf dem Hauptmarkt eingetrichtert, mit dem Erfolg, daß seine Mannschaft deutscher Meister wurde. „Vielleicht sollte man die Prozedur wiederholen“, schlug Dr. Urschlechter vor. Bitte, ob‘s was nützt sei dahingestellt. Schaden kann‘s jedenfalls nicht.
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