3. Januar 1967: Inventur im Tiergarten
3.1.2017, 07:00 UhrDie stolzen Ergebnisse bestätigen die Mühsal von 55 Mitarbeitern, die sie zugunsten von 1.500 Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Aquarientieren – in zwölf Großrevieren auf 60 Hektar Gelände – täglich aufwenden. Stolz können sie sagen: unsere Schmausenbuck-Gäste stehen gut im Futter!
Das trifft besonders auf „Joko“, den knapp sechsjährigen Giraffenbullen zu, der gestern – Kopf in Schräghaltung und mit schlackernden Ohren – aus dem Staunen gar nicht herauskam. Schlich sich doch sein Pfleger Wolfgang Schirmer nicht etwa mit einem Eimer voll lauwarmer Haferschleimsuppe in sein Séparée, sondern mit einer Meßlatte. Das Ding mußte beschnuppert und beleckt werden. Doch ehe sich „Joko“ in Positur stellte, um sich bis zu den Hörnern taxieren zu lassen, ließ er sich – von den beiden Giraffendamen neidvoll beobachtet – eine Banane reichen.
Genau 4,50 Meter hieß das Ergebnis, und das bedeutet eine „Zuwachsrate“ von 1,20 Metern seit Mai 1962, als das gravitätische Steppentier in Nürnberg eintraf. „Das ist ein schöner Erfolg!“, resümierte Direktor Dr. Alfred Seitz am Ende dieser Messerei, die allerlei Bewegung ins Giraffenhaus brachte. Sogar „Lilly“, das benachbarte Tapir-Küken, hatte sich von seinem Allerwertesten erhoben und seinen Rüssel schnüffelnd durch das Gitter gesteckt. Die gefiederten Exoten in der seitlichen Voliere stießen Schreie aus. Vielleicht aus Freude, weil mal was los war.
Eine „gewichtige Schau“ vollzog sich im Nilpferdhaus – aber ohne „Webbi“ und „Nina“, die ihr Schwimmbecken durchpflügten, daß die Wogen nur so hochgingen. Hier drehte es sich vielmehr um die gepanzerten Herren „Alda“ und „Shelly“, Riesenschildkröten von den Seychellen, einer Inselgruppe bei Madagaskar.
Von fünf kräftigen Männern mit Gurten gepackt, wurden sie der Reihe nach auf eine Waage geschleppt – und siehe da: „Alda“, der Phlegmatische, schaffte seit seiner Ankunft im August 1961 rund 34,5 Kilo (jetzt 114,5 Kilo), „Shelly“, der Lebhafte, seit August 1963 „nur“ 25 Kilo (jetzt 125 Kilo). Verwundert, aber mit großer Ruhe ließen die Krabbel-Kolosse die Prozedur über sich ergehen. Kaum wieder in ihrem Käfig, wandten sie sich gelassen ihrem Salat und Obst zu. Sie sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und können bis zu ihrem 100. Geburtstag leicht bis zu 400 Kilo auf die Waage bringen. Vom Winterschlaf wollen sie übrigens nichts wissen.
Das trifft ebenso auf das tüchtige Personal des Tiergartens zu, das einen 365-Tage-Betrieb kennt und gegenwärtig listenschwenkend die „Haben-Seite“ registriert. Besonders vielseitig ist die Bestandsaufnahme im modernisierten Wirtschaftshof, der tonnenweise das über 80 Sorten umfassende Futter beherbergt. 240.000 DM kosten die verschiedenen Leckerbissen im Jahr; täglich werden sie für rund 650 DM verfüttert (mehr als tausend Kilogramm).
Die Tiere am Schmausenbuck, in zwölf Großrevieren mit jeweils bis zu zehn Gehegen, repräsentieren einen Wert von etwa einer halben Million Mark. An Geburten und Aufzuchten kamen 1966 162 Säugetiere und 37 Vögel hinzu. Viel Geld ist vonnöten, um den lebhaften Betrieb aufrechtzuerhalten. Da tat die kostenlose Lkw-Ladung mit zwei Tonnen Bananen einer Nürnberger Großhandelsfirma kürzlich gut...
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