4. März 1969: Heftiger Streit um Spielplatz

R. P.

4.3.2019, 07:00 Uhr
4. März 1969: Heftiger Streit um Spielplatz

© Ulrich

Die Kommentare reichen von „Die Kinder müssen von der Straße und den Baugrundstücken weg“ bis „Mit unserer Ruhe ist es bald vorbei. Warum muß der Spielplatz gerade vor unserer Haustür angelegt werden?“ Zu allem entschlossene Bürger wollen sogar wie weiland die Farmer im amerikanischen Westen des 19. Jahrhunderts zum letzten Mittel greifen: „Wenn wir gegen die Stadt nicht ankommen, sperren wir den Zugang zu dem Spielplatz mit einem Maschendrahtzaun.“

Dieser Fall zeigt einmal mehr die Problematik der Spielplätze auf. „Wir wissen wirklich nicht mehr, was wir tun sollen. Immer hören wir den Vorwurf, daß nicht genügend Bolzwiesen für die Kinder geschaffen werden. Richten wir eine ein, ist es auch nicht recht“, redete sich Gartenbaudirektor Theo Friedrich seinen Kummer von der Seele.

4. März 1969: Heftiger Streit um Spielplatz

© Ulrich

Die „Nürnberger Nachrichten“ hörten sich nicht nur die gegensätzlichen Meinungen der Bürger der Nachbarschaft I an, sie erkundigten sich in seinem Amt auch nach dem rechtlichen Gesichtspunkt. Nun, Direktor Friedrich verweist auf einen rechtskräftigen Bebauungsplan, der die Nummer 3647 trägt und zur öffentlichen Einsichtnahme auflag; er wurde am 25. Januar 1967 im Amtsblatt veröffentlicht. „Damals wurde gegen den Grünzug mit Spielplatz kein Einwand erhoben“, betonte Friedrich. Er bezweifelte entschieden, daß der Lärm von dem reinen Sandplatz mit einem Radius von 6,50 Meter und je einem Spieltisch und Holzklettergerät bis in die Wohnungen dringt, denn dazwischen liegen ein über sechs Meter breiter Gehölzstreifen, ein Gehweg und eine begrünte Fläche.

In den kinderreichen Familien, die in den Hochhäusern gegenüber den in Bungalowstil erbauten Anwesen der Protestierer wohnen, findet er starke Bundesgenossen. „Man steht Todesängste aus, wenn man die Kinder mitten auf der Straße Rollschuh laufen sieht, wenn sie auf Baugrundstücken spielen. Irgendwo müssen unsere Buben und Mädchen doch einen sicheren Platz finden. Wir können sie doch nicht umbringen, nur weil einige Nachbarn um ihre Ruhe fürchten“, sagen sie.

Die Gegner führen ebenso gewichtige Argumente ins Feld. Sie verweisen darauf, daß sie entweder krank sind und keinen Krach vertragen können oder aber Nachtdienst haben, also tagsüber schlafen müssen; einige fühlen sich auch arglistig getäuscht: „Als wir hierher zogen, war von einem Spielplatz keine Rede. Das ist doch eine Wertminderung unseres Grundstücks.“

Eins aber betonen alle: „wir sind nicht grundsätzlich gegen Spielplätze. Aber muß diese Anlage gerade vor unserer Haustür entstehen. Wir haben doch unsere Gärten, in denen unsere Kinder spielen können. Nutznießer sind doch vor allem die Bewohner der Hochhäuser. Warum rückt die Stadt nicht näher an sie heran?“ Sie drohen, daß sie eine einstweilige Verfügung gegen den Bau erwirken wollen, argwöhnen, daß nur dort derartige Anlagen entstehen, wo keine Stadträte wohnen („Im Stadtratsviertel gibt es keine Spielplätze“) und schimpfen darüber, daß ein Privatweg, der von ihnen bezahlt worden ist, als Zugang zu dem Spielplatz benutzt werden kann. „Wir haften auch noch für den Weg. Rechte haben wir keine, wir dürfen bloß bezahlen.“

Die Stadt hat dem Rechnung getragen; eine Trasse von den Hochhäusern zu dem „Stein des Anstoßes“ ist schon gelegt. Und sie sorgt für zusätzlichen Zündstoff: „Damit wird der Anschluß an unseren Privatweg geschaffen.“ Erstaunlich findet es dieser Personenkreis. „daß die Stadt noch nie so schnell gearbeitet habe wie in diesem Fall“.

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