6. Juni 1968: Geheizte Badefreuden
6.6.2018, 07:00 UhrFreilich, die Freude über diesen Meilenstein ist jedoch nicht ungetrübt: weil der Bund mit einem versprochenen Zuschuß geizt, ist Bayern 07 in die Zwickmühle geraten. Die großzügig geplante Anlage neben dem alten Pulversee bleibt vorerst unvollendet.
Georg Hell kennt die Fehlerquelle nicht. Er weiß nur, daß der Verein in diesem Jahr 218.000 Mark aus dem Goldenen Plan zur „Spitzenfinanzierung von Turn- und Sportstätten“ erhalten sollte. Als die Mittel nicht ausgezahlt wurden, nahmen sich Landtagsabgeordnete der Sorgen des Schwimmerbundes an, doch sie mußten erfahren, daß die eingereichten Unterlagen noch gar nicht in München eingegangen waren.
Leidtragender der Verzögerung ist in erster Linie Bayern 07, aber auch die badefreudige Bevölkerung muß mindestens noch ein Jahr lang Einschränkungen hinnehmen. „Wir haben einen Berg von Schulden und können gar nichts fertig machen“, klagt der Vorsitzende. Um wenigstens den Badebetrieb zu retten, blieb dem Bauausschuß des Vereins nichts anderes üibrig, als sich auf die Fertigstellung der beiden Becken und der Heizungsanlage (Gesamtkosten 75.000 Mark) zu konzentrieren. Dagegen bleiben die Wege vorerst ein Provisorium.
Ein ganz dickes Lob zollt Hell dagegen der Stadt („Vor Ihrem Zahlungswillen muß man den Hut ziehen!“), dem Sportverband, der ebenfalls nicht mit Zuschüssen knauserte, und von Bayern 07, die mit den Arbeitswillen viel dazu beitragen, daß am Pulversee wieder gebadet werden kann und die gesamte Anlage erkennen läßt, wie schön sie einmal sein wird.
„Die Eigenleistung wird immer größer“, betont Hell und verschweigt dabei, daß er trotz eines Kriegsleidens den Hang zum Schwimmbecken mit eigenen Händen angesät hat. Er und seine getreuen Mitarbeiter sich darüber einig, daß sie durchhalten müssen, wenn das bisher Geschaffene nicht Schaden leiden soll. Der staatlich geprüfte Schwimmeister Georg Lang, der in den Diensten von Bayern 07 steht, weiß ein Liedchen zu singen, wie viele unvernünftige Badegäste die frisch angesäten Wiesen zertrampeln.
Trotzdem wird die Anlage am Samstag zum ersten Mal offiziell weit ihre Pforten öffnen, auch für Nichtmitglieder.
Vielleicht bringt Bürgermeister Franz Haas zur Einweihung des ersten Teils der Anlage am 5. Juli ein besonderes Geschenk mit; vielleicht springt die Stadt vorübergehend mit ihren Mitteln ein, bis der Bund sein finanzielles Versprechen erfüllt.
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