7. Januar 1969: Tollitäten regieren mit Musik

NN

7.1.2019, 07:00 Uhr
7. Januar 1969: Tollitäten regieren mit Musik

© Ulrich

Im großen Saal der Meistersingerhalle gab Hans Bernhard als Präsident des Festausschusses „Nürnberger Karneval“ den Startschuß für die Gaudisaison, die heuer ohnehin nur 43 Tage und 44 Nächte dauert, die aber auf Wunsch des Prinzenpaares gleich einem Rausch von Musik und sprühender Laune wie im Fluge vergehen soll. Kostproben ihres Könnens gaben die Tollitäten bereits. Bei der Inthronisation am Samstagabend zeigten sie und ihre aktiven Mitstreiter in den Gesellschaften, wie sie ihren Untertanen einheizen möchten.

Wie bei so prächtigen Ereignissen üblich, wurde mit Orden nicht gespart. Die erste „Oben-ohne-Medaille“ des Festausschusses nach dem Vorbild des Tugendbrunnens bekam Bürgermeister Franz Haas, der dafür sogar den Stadtschlüssel hergab.

Rund 2.000 Anhänger der „Lachenden Noris“ riß es von ihren gepolsterten Sesseln, als Fanfaren den Einzug des Prinzenpaares mit Garde und Gefolge ankündigten. Rauschender Beifall brandete auf – und verebbte. Ein zweiter Blick hatte genügt. Das liebliche Paar, das strahlend und huldvoll nach allen Seiten lächelnd einzog, war dem Publikum schon wohlbekannt: Gerlinde und Valentin, die bereits im letzten Jahr das Karnevalszepter schwangen.

Endlich mal etwas Neues …

Der Festausschuß hatte sich nach vielen Jahren der Tradition wieder einmal etwas Neues einfallen – und das Publikum auf seine Kosten kommen lassen. Als alternder Clochard gab Fred I. bereits eine Kostprobe seines Humors wider den tierischen Ernst. Denn die grauen Eminenzen waren natürlich niemand anders als die Tollitäten von 1969. Eine Portion Spargel mit Sellerie aus dem Knoblauchstand – von der Buchnesia als „Jungbrunnen“ kredenzt – und die Maßarbeit des Hofschneiders genügten: noch einmal öffneten sich die Tore, um dem Publikum das junge Paar in strahlender Schönheit zu präsentieren, Fred I. und Christel I.

Die Nürnberger kennen beide gut, Christel als eine Hälfte der „Wagner-Zwillinge“ und Fred als Chef des Mundharmonika-Trios „Fidelios“. Nicht von ungefähr kommt deshalb auch ihr Faschingsmotto „Mit Musik geht alles besser“. Übermannte Christel bei ihrer Ansprache an das närrische Volk das Lampenfieber, ihre Partner – auch im bürgerlichen Leben ihre Mann – machte den Schönheitsfehler mit viel Temperament als Showmaster wieder wett. Auch war sein Auftritt mit seinen Musikern „echt“, die Wagner-Zwillinge“ gaben ihre Debüt auf der Karnevalsbühne nur im Playback-Verfahren.

Um die diesmal recht turbulente Inthronisation war ein weites Unterhaltungsprogramm gespannt. Vor der farbenprächtigen Kulisse schwang das Ballett der Luftflotte die wohlgeformten Beine, wirbelten die Gardemädchen zackig über die Bühne. Kumni vom Hauptmarkt (Lucky Gaab) nahm auf echt Närnbergerisch die hohe Stadtpolitik, das Königstor-Projekt, aufs Korn, die Gleisschleifer vom Plärrer (Toni Edenharder und Herbert Reiteslhöfer) mockierten sich über den letzten U-Bahn-Bahnhof in Langwasser, der letzte Clubfan (Georg Hollweck) beschwerte sich über die Glücksspiele auf dem Katastrophenfeld und schließlich Egon Helmhagen, der als „einfacher Nürnberger“ mit seinen Witzen das Publikum zu Lachstürmen hinriß. Nicht zuletzt spornten die geliebten „Pöiterlasboum“ das Publikum an, damit das Stimmungsbarometer nicht absackte.

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