8. Februar 1968: Diebe an der Spitze
8.2.2018, 07:00 UhrBetrachtet man die prozentuale Beteiligung der unter 21jährigen an allen Straftaten, so schneidet Nürnberg mit 21,1 v. H. gegenüber Bayern (23,5 v. H.) und dem Bund 25,9 v.H. noch günstig ab. Vergleicht man jedoch die Zahl der ertappten jugendlichen Sünder, so wird der Anstieg deutlich.
1966 haben in Nürnberg 419 (Vorjahr 413) Kinder unter 14 Jahren, 747 (Vorjahr 562) Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren und 1066 (Vorjahr 829) Heranwachsende im Alter von 18 bis 21 Jahren Straftaten begangen. Besonders fällt auf, daß 109 jugendliche und heranwachsende Mädchen mehr als 1965 mit dem Gesetz in Konflikt gerieten.
Typische Delikte der Kinder sind Diebstähle in Kaufhäusern und Selbstbedienungsläden. Auch jugendliche Mädchen bedienen sich gerne in Kaufhäusern und „vergessen“ das Zahlen. Männliche Jugendliche haben es oft auf Mopeds abgesehen. Die 18- bis 21jährigen stehlen besonders gern Kraftfahrzeuge und Zubehör oder nehmen Dinge aus Lager- und Fabrikräumen mit.
Die Statistik der Jugendkriminalität in Nürnberg für 1967 liegt zwar noch nicht vor, doch zeichnet sich nach Ankunft von Kriminaloberst Heinrich Helldörfer ein minimaler Rückgang hinsichtlich der Beteiligung Jugendlicher Straftaten ab. Die Zahl der ermittelten jugendlichen Gesetzesbrecher ist aber um ein weiteres Prozent gestiegen. Erstmals fallen auch Rauschgiftdelikte ins Gewicht.
In Nürnberg sind 1966 insgesamt 177 Fälle unzüchtiger Handlungen mit Kindern bekanntgeworden. Dies sind 46 oder 25,9 v. H. mehr als 1965. Aufgeklärt wurden 162 Fälle. Das sind 48 mehr als 1965. Unter den ermittelten Tätern sind 52 Erwachsene und 43 Heranwachsende, Jugendliche und Kinder.
Diese nüchterne Zahlen ergänzte Amtsgerichtsrat Dr. Zahlhaus, als Jugendrichter Mitglied des Ausschusses. 1967 wurden in Nürnberg 684 Urteile von Einzelrichtern und 182 von Schöffengerichten über Jugendliche und Heranwachsende gefällt. 26 Jugendliche und 119 Heranwachsende saßen in Untersuchungshaft . Amtsgerichtsrat Dr. Zahlhaas benützte die Gelegenheit der Abteilung Jugendgerichtshilfe beim Stadtjugendamt für ihre vielseitige, verantwortungsvolle Arbeit zu danken. Der Richter zeigte sich über die langsam, aber stetig steigende Zahl jugendlicher Täter besorgt.
Um diese Entwicklung zu steuern, will man in Nürnberg etwas unternehmen. Die mit viel Erfolg geübte Praxis, Kinder mit Puppenspielen und Filmen vor Sittlichkeitsverbrechern zu warnen, soll beibehalten und verstärkt werden. Kriminaloberrat Heinrich Helldörfer berichtete, was die Polizei unternimmt, um dem Übel Einhalt zu gebieten. Sie will Eltern, Lehrer und Ausbilder in Vorträgen über die Ursachen der Jugendkriminalität aufklären, mögliche Tatorte – besonders für Sittlichkeitsverbrecher – genau beobachten und alle vorhandenen Mittel einsetzen, um Verbrechen rasch aufzuklären.
Helldörfer teilt mit, daß nach den vorläufigen Feststellungen die Verbrechen der Unzucht mit Kindern gegenüber 1966 in Nürnberg im Jahr 1967 um 30 v.H. zurückgingen. Interessant war in diesem Zusammenhang die Feststellung, daß fast ein Fünftel der Täter im Verwandten- oder Bekanntenkreis der Opfer ermittelt wurden. Sorge bereitet der Polizei die Schwemme unzüchtiger Literatur und Bilder, die zu erwarten ist, seit es Dänemark jedermann gestattet hat, derartige „Werke“ herzustellen. Bisher gebe es in der „Bundesrepublik etwa 70 Verlage und 40 Versandhäuser für Sexerzeugnisse.
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