Alle Hände gehen hoch! So war das Brückenfestival
15.8.2016, 06:32 UhrWas vor 16 Jahren als kleines Goodie gedacht war für all jene, die in den Sommerferien nicht wegfahren können/wollen/dürfen, ist zu einem echten Monster gewachsen. Am Wochenende pilgerten wieder über 20.000 Menschen aller Altersgruppen zum Nürnberger Brückenfestival, das an zwei Tagen unter der namensgebenden Theodor-Heuss-Brücke stattfand – mitten im innerstädtischen Naturschutzgebiet ...
"Wollen wir da heute wirklich hin?", üben sich die Kumpels im Vorfeld via WhatsApp im Schwächeln, nachdem es sich den Freitag über schön eingeregnet hat. Um dann nach dem dezenten Hinweis Brückenfestival erleichtert festzustellen: "Stimmt, ist ja überdacht." Das ist der entscheidende Standortvorteil des Nürnberger Brückenfestivals: Ein Veranstaltungsort, der so genial ist, dass er sofort erfunden werden müsste, würde es ihn nicht schon geben.
Da ist es leider fast schon von Vorteil, wenn es regnet: weil dann sofort merklich weniger los ist unter der Brücke. Sobald hingegen die Sonne durchspitzt, wird das Brückenfestival ganz schnell Opfer des eigenen Erfolgs: Im Nu ist das Gelände unter der Brücke vollbesetzt, und die Wiesen rundherum sind rappelvoll – was nie gefährlich wird, aber nervig ist, wenn die Warteschlangen vor den Toiletten und Fressbuden anwachsen und man ernsthaft abwägen muss, ob man sich da nun einreiht und damit garantiert die nächste Band verpasst.
Das "Brückenfestival" ist eine Erfolgsgeschichte
Das Nürnberger Brückenfestival bleibt eine Erfolgsgeschichte. Trotzdem zeigen sich die Veranstalter auch im 16ten Jahr beweglich genug, Feinjustierungen am Programm vorzunehmen. Dieses Jahr fiel zum Beispiel der Poetry Slam weg, zu Gunsten von Jazz und Impro-Theater im geräumigen Zirkuszelt. Zwölf Bands an zwei Tagen auf zwei Bühnen: Das Programm ist handverlesen, stilistisch breit gefächert und setzt wie gehabt auf einen Mix aus regionalen und internationalen Künstlern. Zwischen den am Freitag eröffnenden bonbonbunten Bamberger Bubblegum-Punkrockern The Yoohoos und dem schwäbischen NoiseRock-Trio Die Nerven, das als letzte Band im Finale noch einmal ein Ausrufezeichen setzt, versendet sich jedoch vieles. Das "Brückenfestival" sieht sich selbst als Entdecker-Spielwiese, auf der sich am Ende manches als ganz schön hochgejazzter Indie-Hype entpuppt. Dieses Mal bleiben nicht nur die ganz schön blutleeren Berliner Grunge-Rocker This Love Is Deadly und die Britin Findlay, die live wie PJ Harvey für Arme klingt, hinter den Erwartungen zurück.
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Komplett ehrenamtlich gestemmt, ist das „Brückenfestival“ eine weitere Umsonst & Draußen-Party, bei dem sich die coolen Kids der Stadt die Künstler zusammenbuchen, auf die sie Bock haben. Und dabei den Luxus genießen, nicht auf irgendwelche Publikumsgeschmäcker schauen oder auf große Namen und Zugpferde setzen zu müssen. Wer zahlt, schafft an. Dass das Bühnenprogramm am Ende nicht immer volksnah ist, ist gewollt und wird in Kauf genommen. Im Zweifel lieber zu verkünstelt und elitär – denn König Mainstream regiert eh schon den Rest der Welt.
Die Besucher stimmen "Brü Brü Brü" an
Star ist ohnehin das Festival selbst, was einem spätestens dann aufgeht, wenn man nach Einbruch der Dunkelheit durch die Pegnitzauen auf die die beleuchtete Zelt- und Budenstadt unter der Brücke zusteuert – ein tolles Bild. Aus dieser Warte betrachtet, haben die Veranstalter erneut alles richtig gemacht. Wenn sich Samstag Nacht nach der letzten Band das ehrenamtliche Orga-Team glücklich in den Armen liegt und gemeinsam mit den Besuchern "Brü Brü Brü" anstimmt, die Hymne von Moderator und Maskottchen Bird Berlin über das „Brückenfestival“, dann dürfen die Macher zu Recht stolz sein auf das, was sie erneut mit viel Herzblut und Liebe zum Detail gewuppt haben.
In verrückten Zeiten wie diesen, in denen sich die Welt so rasend schnell verändert, die Einschläge beständig näher kommen und unseren Alltag verändern, kann man so eine lockere, entspannte, friedliche und komplett stressfreie Zusammenkunft nicht hoch genug schätzen. Denn darum geht es heute mehr denn je: Gemeinsam das Leben und den Augenblick zu feiern.
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