"Alltagsstaub von der Seele spülen": Backstage beim Circus Krone
12.11.2014, 12:12 Uhr330 beigefarbene Wohn- und Packwagen stehen ordentlich aufgereiht. Jeder Waggon hat eine Nummer, damit man sich leichter orientieren kann. Ganz wichtig: Wagen 47. Er ist vollgestopft mit Waschmaschinen und Trocknern — ein Waschsalon für die 180 Arbeiter, die für den Auf- und Abbau der Zelte und Ställe, die Stromversorgung oder den Wasseranschluss zuständig sind. Kurz: Sie halten die Zirkusstadt am Laufen und arbeiten den Artisten, Clowns und Tiertrainern zu.
Überwiegend kommen die Helfer aus der rumänischen Stadt Arad: Brüder, Cousins, Onkel, Freunde und Bekannte. „Einer hat es dem anderen weitergesagt, dass man bei uns gut arbeiten kann. Jung, männlich, ledig und AOK-versichert“, so charakterisiert Krone-Pressesprecherin Susanne Matzenau die Zirkus-Arbeiter.
Iudita und Constantin Dimoiw sind für die roten, schwarzen und grauen Zirkus-Uniformen zuständig. Die Schneiderin näht die Jacketts sorgfältig, ihr Mann wäscht und bügelt die Kleidungsstücke. „Ich wollte neue Schnitte und einen anderen Style kennenlernen“, sagt Iudita Dimoiw auf die Frage, warum sie für den Zirkus arbeitet, „mir gefällt das Reisen und andere Städte zu sehen.“ In der Nachbarschaft mühen sich Valer Bobol und Daniel Gruia mit Ledernadeln ab. Ein weißes Geschirr für den schwarzen Friesen soll fertig werden. Ein Stirnschild für die Elefanten mit dem Krone-Emblem liegt ebenfalls auf der Werkbank der Sattlerei bereit. In einem Schränkchen stecken Lederscheren und Ahlen, um das zähe Material zu bearbeiten.
Traumhafte Illusion für das Publikum
Perfekt muss alles sein, um beim Publikum eine Illusion von traumhafter Zirkuswelt zu wecken. „Wir wollen den Alltagsstaub von der Seele spülen“, sagt PR-Frau Matzenau lyrisch. Damit dies gelingt, müssen gerade die Kleinigkeiten stimmen. Ein Platzanweiser im Jogging-Anzug? Undenkbar. Da gehört schon die goldbetresste Livree dazu.
Natürlich muss man auch die Akteure ins richtige Licht setzen. 120 Scheinwerfer leuchten das große Zelt aus, ein Team aus zwölf Elektrikern und Helfern ist dafür verantwortlich. In einem Wagen brummt das Hauptaggregat, das 1000 Kilowatt Strom erzeugt. Der dafür nötige Schiffsdiesel-Motor mit 550 PS schluckt täglich 1200 Liter Treibstoff. Und erzeugt damit nicht nur Strom: Auch Heißluft für die kälteempfindlichen Elefanten, die momentan in deren Stallung hineingeblasen wird.
Seelöwen lauter als Löwen
Im großen Raubtierkäfig neben dem Zirkuszelt übt Martin Lacey jr. mit jungen, noch untrainierten Löwen. Ihr Fauchen und Knurren wird übertönt vom Lärm der Seelöwen, die mit ihrem Dompteur Roland Duss einige Scherzchen einstudieren — zum Beispiel: Zunge herausstrecken.
Helfer misten die Pferdeställe aus und streuen frisches Stroh in die Boxen. Bei den „Exotenzelten“, in denen Ziegen, Kamele, Zebras und ein Wildschwein hausen, wird gerade Futter verteilt. Für die Arbeiter gibt es eine Kantine auf Rädern: Arpad Szöge und Renke Kirowa kochen hier täglich dreimal warm für 180 Männer. Fleisch muss immer dabei sein, das sind die Arbeiter so gewöhnt. Wenn auf dem ausgehängten Speiseplan mal Salat auftaucht, murren manche: „Das ist doch Krankenhaus-Essen.“
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