Anwohner in Gostenhof kämpfen um ihre Gärten
26.9.2017, 06:00 UhrAllen acht Mietparteien des Anwesens Spenglerstraße 13 und 13a in Gostenhof wurde der Garten zum 30. September gekündigt, was die Betroffenen auf die Barrikaden gebracht hat. "Wir kämpfen um unsere Gärten", sagt Luise Oßmann mit Tränen in den Augen. Seit 1968 wohnt sie und ihr Mann hier. Sie baut Blumen und Gemüse an, liebt ihren Gartenzwerg und ihre Blumenampeln. Ihr gepachteter Garten ist ihre Erholungszone "und jetzt wollen sie mir meinen Urlaub da hinten wegnehmen", sagt Oßmann.
Ein Protest-Grillabend mit Erfahrungsaustausch fand kürzlich im "Spenglerhof" statt, wo an der Fassade ein großes Transparent den Kampfgeist der Anwohner untermauert. Verena Bäumler hat als eine der Betroffenen die Nachbarschaft eingeladen und im Stadtteil für Aufmerksamkeit gesorgt. An die 40 Neugierige kamen, man aß und trank zusammen — und an jedem Garten hingen Protestschilder, um auf die Bedeutung der Grünzone hinzuweisen. Das Datum des Grillabends hatte auch etwas Symbolträchtiges: Am gleichen Tag sollte die Übergabe der Gärten an die Vermietungsgesellschaft Vonovia SE erfolgen, was die Mieter aber abgelehnt hatten.
Von einer Räumung also keine Spur. Das sei Absicht, sagt Christine Wimmer, eine der vier WG-Bewohner im Haus. Sie erzählt von "vielen Tränen", die schon geflossen seien, seitdem alle in der Spenglerstraße 13 und 13a im April die Gartenkündigung für Ende September erhielten.
"Total wichtig für die Kinder"
Heike Zander will wie alle weiteren mit allen Mitteln den Garten erhalten. Sie haben drei Kinder und die Mama unterstreicht, wie wichtig der Garten für sie sei. Sie macht derzeit eine Ausbildung und könne nachmittags nicht noch einen Spielplatz aufsuchen. Bei ihrem Sohn Rahim, sieben Jahre alt, wurde Autismus festgestellt: "Es ist total wichtig, dass er sicher rausgehen und sich frei bewegen kann."
Ein weiterer Bewohner der WG-Wohnung heißt Ben Schwägerl. Er spürt einen starken Zusammenhalt und betont, dass die Bewohner einvernehmlich für ihre Interessen kämpfen. "Wir wollen die Gärten behalten." Was sie alle wurmt: Sie haben nichts Näheres über das Bauvorhaben erfahren. Beim Vermieter haben sie erfolglos nachgefragt. Die Ungewissheit hat die Verzweiflung verstärkt. Einig sind sich alle, dass der "Spenglerhof so bleiben soll, wie er ist". Auf Anfrage des Stadtanzeigers hat die Vermietungsgesellschaft Vonovia eingeräumt, dass im Zuge bundesweiter Verdichtungsvorhaben auch auf dem Anwesen in Gostenhof die Errichtung eines neuen Wohngebäudes geplant wird. Der vorhandene Bestand soll ergänzt werden, heißt es.
Die städtische Bauordnungsbehörde bestätigt einen Vorbescheidsantrag, der noch geprüft werde. Laut Vonovia ist die Anzahl der neuen Wohnungen noch offen, sie hänge zum einen vom Bedarf ab. Zum anderen müsse der Baukörper mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden. Vonovia betont, dass erste Pläne mit der Behörde schon abgeklärt worden seien "und sich harmonisch in den Bestand einpassen". Das "Eisenbahner-Gebäude" soll "als Solitär erhalten bleiben". Zudem legt man bei Vonovia großen Wert darauf, "dass die Menschen in ihren angestammten Vierteln wohnen bleiben können".
Konzeptionell will Vonovia "ausschließlich Mietwohnungen mit langfristiger Bewirtschaftung" errichten. Da sich das Genehmigungsverfahren noch in einer frühen Phase befindet, gibt es noch keinen konkreten Fahrplan für die Realisierung. Die Arbeiten würden jedoch "nicht vor Mitte nächsten Jahres beginnen", heißt es. Die Mieter will die Gesellschaft informieren, sobald "belastbare Informationen vorliegen".
Ausgleich wird versprochen
Gibt es einen Grün-Ausgleich für die Mieter? Dazu sagt Vonovia: "Wir wollen auch weiterhin Mietergärten zur Verfügung stellen." Gespräche darüber könnten allerdings erst dann stattfinden, wenn eine weitere Konkretisierung des Projektes gegeben sei. Der Vermieter verspricht, "dass ausreichend Frei- und Mietergärtenflächen vorhanden bleiben, so dass sich unsere angestammten Mieter weiterhin wohlfühlen können".
Gerhard Steinmann, Leiter der Bauordnungsbehörde, verweist auf die "frühe Phase" des Verfahrens. Bahnlärm und gesunde Wohnverhältnisse seien Themen, für die Lösungen gefunden werden müssten. Ob die Pläne genehmigungsfähig sind, sei offen. Die Gostenhofer Mieter wollen weiter für ihre Lebensqualität kämpfen.
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