Bis die Nadeln glühen
10.6.2013, 00:00 UhrStricken erlebt seit geraumer Zeit eine Renaissance Kaum ein Stadtteil, kaum ein Dorf, in dem nicht irgendein Baum, Ast oder Pfosten mit bunten Maschen umgarnt worden ist. „Wir haben auch einen Zuwachs von jungen Leuten“, sagt Ewa Hey, die den Tag des öffentlichen Strickens in Nürnberg organisiert und ein Wollgeschäft in der Wodanstraße betreibt. Es liege wieder im Trend, Mützen oder Schals selbst zu machen.
Andere stricken für einen guten Zweck. Ewa Hey, Gudrun Matthey und Hannelore Dötschel fertigen wie am Fließband Mützchen für Frühgeborene. Sie sitzen nebeneinander mit klappernden Rundnadeln. Drei Stunden brauchen sie im Schnitt für eine kleine Mütze.
Die Kopfbedeckungen sind winzig, so groß wie eine Handytasche vielleicht. Mehrere Tüten voller Mützen liegen vor den drei Frauen. Sie wurden von anderen Strickbegeisterten vorbeigebracht, die gerne handarbeiten, den Samstag aber lieber anderweitig verbringen wollten.
Die Strickerinnen verbinden ihr Hobby mit etwas Nützlichem – und bringen mit den bunten Mützchen etwas Normalität, wie sie sagen, auf die sterile Frühchenstation im Nürnberger Klinikum. Dort und auf der Kinderkrebsstation in Erlangen landen die Handarbeiten. „Alle zwei bis drei Monate geben wir eine Ladung weiter“, sagt Hey. Hunderte Teile kommen jedes Mal zusammen.
Alle Drei stricken seit vielen Jahren. „Stricken entspannt, es beruhigt die Nerven, findet Gudrun Matthey, die in ihrer Freizeit auch noch Socken für die deutsch-norwegische Freundschaftsgesellschaft strickt. Und Hannelore Dötschel ergänzt: „Da kann ich mit meinen Gedanken spazieren gehen. Und etwas Kreatives machen.“
Der zweite Samstag im Juni wurde zum „Welttag des öffentlichen Strickens“ erklärt. „Als ich mich für das Mitmachen entschieden habe, habe ich gehört, dass 20 Geschäfte im deutschsprachigen Raum mitmachen“, sagt Ewa Hey. Mittlerweile beteiligten sich über 200 Geschäfte allein in Deutschland.
Ihren ersten Pullover hat Hey übrigens mit 15 Jahren gestrickt – erst nachdem sie ihrer Mutter schöne Wolle abgeschwatzt hatte. Hey stammt aus Polen. „In Polen war die Wolle nie so schön. Italienische Garne waren fast Waren auf Rezept.“ Mit 15 bekam sie schließlich die begehrte italienische Wolle – und legte los.
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