Die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft
11.6.2015, 19:41 UhrVor annähernd 25 Jahren trafen sich die damals noch ganz jungen Maler Xavier Bartumeus und Ramón de Jesús Rodríguez als Atelier-Nachbarn in Barcelona. Dass sich die beiden Künstler schließlich anfreundeten, ist bei näherer Betrachtung eher überraschend. Junge Kunstschaffende sind zum einen überall auf der Welt in erster Linie Konkurrenten, aber im Falle von Bartumeus und Rodríguez hätten auch noch andere wechselseitige Vorbehalte die Freundschaft verhindern können: Bartumeus ist Katalane und Rodríguez Andalusier. Die beiden Volksgruppen verstehen sich seit jeher nicht besonders gut. Und in jüngster Zeit wollen wieder viele Katalanen die politische Loslösung von Spanien.
Aber für Bartumeus und Rodríguez war die persönliche Sympathie letztlich wichtiger als kulturelle Unterschiede. Nachdem sie sich einige Zeit aus der Distanz beäugt hatten, begann ein reger , über viele Jahre hinweg anhaltender Austausch von Gedanken über Kunst und Musik, besonders über den Flamenco und dieklassische italienische Oper, über die Härte des Maler-Daseins in einer Welt voller Maler und über die Härte des Lebens als solches. Die beiden teilten Geistes- und Gaumen-Freuden sowie ihre teuren Arbeitsmaterialien.
Ihre bei Arauco ausgestellten Arbeiten zeigen, dass sie sich zwar formal ganz unterschiedlich orientierten, aber oftmals durchaus die selben Themen gestalteten. Xavier Bartumeus, der Katalane, schuf düster-pathetische Kohle-Zeichnungen in der Nachfolge von Ramón Casas, Ricard Opisso oder Isidre Nonell, die heute als Pioniere der katalanischen modernen Malerei gelten. Ramón de Jesús Rodríguez, der Andalusier, verehrte vom Anfang seiner Karriere an eher dem jungen Picasso der „blauen Periode“, der übrigens ursprünglich auch aus Andalusien kam.
Gemeinsam ist ihnen das Interesse an den hochdramatischen Themen wie Liebe, Leid, Schuld, Sühne, Wahnsinn. Das alles symbolisiert für sie die Figur der Ophelia aus Shakespeares „Hamlet“, welche auf den Bildern der Freunde immer wieder im Mittelpunkt steht. Die Ophelia-Vorstellung von Bartumeus erinnert dabei oft stark an das berühmte Gedicht von Arthur Rimbaud (1854–1891): „Auf stiller, dunkler Flut, im Widerschein der Sterne, geschmiegt in ihren Schleier, schwimmt Ophelia bleich, sehr langsam, einer großen weißen Lilie gleich . . .“
Bei Rodríguez, der schon seit einigen Jahren in Franken lebt, hat sich das Ophelia-Bild mittlerweile sehr versachlicht. Seine unglücklich liebende und daher zum Selbstmord durch Ertrinken entschlossene Jungfrau gleicht heute eher einer friedlich im blauen Meer der Costa Brava badenden Touristin.
Galerie Arauco, Trödelmarkt 13: Fragmente der Erinnerung. Bis 11. Juli. Mo–Mi. 11–13 & 14–18, Do./Fr. 11–13 & 14–19, Sa. 11–16 Uhr
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