"Die NPD ist ein Verbrechen!"
22.3.2013, 07:00 Uhr„Hitler kann sich sowieso nur ein paar Wochen halten. Danach ist der ganze Spuk vorbei.“ Ein fataler Irrglaube, den laut Eva Rößner, die 1926 als Eva Jakob in Nürnberg geboren wurde, viele jüdische Freunde ihrer Familie vertraten und dafür mit ihrem Leben bezahlen mussten. Rößners Vater, der aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammte und in der sozialistischen Arbeiterbewegung aktiv war, warnte schon früh vor der drohenden Gefahr. Ihm gelang es, rechtzeitig unterzutauchen und schließlich in die Tschechoslowakei zu emigrieren. Ihre Mutter wurde hingegen am Ostermontag 1933 in eine sogenannte Schutzhaft genommen und ins Frauengefägnis nach Eichach gebracht. Deshalb wuchsen Eva und ihr Bruder Hans vor allem bei den Großeltern mütterlicherseits auf.
Obwohl die heute 87- Jährige schon oft ihre Geschichte erzählt hat, sei es dennoch immer wieder eine Herausforderung, gesteht sie am Anfang des Gesprächs. „Meine Erziehung war zwar weitgehend konfessionslos und beinahe alle Familienmitglieder fühlten sich als Deutsche, aber dennoch wurden mein Bruder und ich als Halbjuden eingestuft. Wir bekamen auf diese Weise zu spüren, wie die jüdische Bevölkerung – so auch meine Großeltern – immer mehr ihrer Rechte beraubt wurden“, berichtet Rößner. So mussten ihre Großeltern aufgrund des Gaststättenverbots für Juden ihre geselligen Kartenspielabende aufgeben. Auch ein Teil der Haushaltsware musste verkauft werden, um sich weiterhin finanziell über Wasser halten zu können.
Im Zuge der „Nürnberger Gesetze“ vom 15. September 1935 verschärfte sich die Situation der Juden erneut. „Meinem Bruder und mir war es weder erlaubt, einem Sportverein beizutreten, noch eine weiterführende Schule zu besuchen“, erzählt die Nürnbergerin weiter. In der Reichspogromnacht wurde die Wohnung ihrer Großeltern schließlich komplett zerstört und war danach nicht mehr bewohnbar. Die Scherben einer Vase, die in der Ausstellung zu sehen sind, zeugen von der grausamen Tat. „Ab 1941 gab es von Nürnberg aus die ersten Deportationen in Konzentrationslager. Viele unserer Freunde wurden damals gewaltsam verschleppt und kamen niemals wieder. So auch meine Großeltern“, berichtet Rößner.
Auch an den Kriegsbeginn erinnert sie sich genau. Denn noch bevor Deutschland angegriffen wurde, gaben die Nationalsozialisten genaueste Anweisungen, um die Bevölkerung auf den Krieg vorzubereiten. „In jedem Hausflur musste ein Eimer mit Wasser, eine Papiertüte mit Sand und ein sogenannter Feuerklatscher – ein Stecken, an den ein Putzlappen gebunden war – stehen“, sagt Rößner und schüttelt bei dieser Erinnerung den Kopf. „Diese Anweisungen klingen im Zusammenhang mit dem schrecklichen Flammeninferno, das später in den deutschen Städten wütete, fast ironisch“.
Noch vor 20 Jahren hätte Eva Rößner die Frage, ob sich die Geschichte wiederholen könne, verneint. Heute ist sie sich dessen nicht mehr so sicher. Vielmehr zeigt sie sich über die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit Neonazis und der NPD betroffen. „In vielen Köpfen ist auch heute noch ein unterschwelliger Antisemitismus verankert“, resümiert sie und steht zu ihrer Überzeugung: „Die NPD ist keine Dummheit, sondern ein Verbrechen!“
Ein Land, in dem jeder Mensch – egal welche Nation und welchen Glauben er hat – ungehindert leben und arbeiten kann, ist Rößners größter Wunsch. Diesen verknüpft sie mit einem eindringlichen Appell an die Schüler: „Glaubt einfachen Parolen nicht, sondern hinterfragt sie und fragt euch vor allem immer, wer davon profitieren könnte“.
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