Einzigartiger Fraunhofer-Store öffnet in Nürnberg

19.2.2014, 06:00 Uhr
Noch (fast) eine Baustelle, spätestens ab Mai ein interessanter Treffpunkt im Herzen der Stadt: das Josephs, die Service-Manufaktur der Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS und der Friedrich-Alexander-Uni.

© Michael Matejka Noch (fast) eine Baustelle, spätestens ab Mai ein interessanter Treffpunkt im Herzen der Stadt: das Josephs, die Service-Manufaktur der Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS und der Friedrich-Alexander-Uni.

Die Zeiten, in denen Konsumenten staunend vor vollen Supermarkt-Regalen standen und sich mit einem der angebotenen Produkte zufriedengaben, neigen sich dem Ende zu — zumindest nach Ansicht der Erlanger Wirtschaftsinformatik-Professorin Kathrin Möslein. Laut der Wissenschaftlerin sind Kunden längst zu Mitentwicklern geworden. 40 Prozent aller neuen Produkte für Extremsportler sind beispielsweise von den Aktiven selbst erfunden und getestet worden — lange bevor sie in Serie gingen.

Aber auch ein anderes, mittlerweile längst etabliertes Alltags-Produkt wie der besonders leichte Kinderwagen für Jogger ist nicht von der Industrie angestoßen worden, sondern von Marathonläufern — die ihren Nachwuchs auf Trainingsrunden mitnehmen mussten.

"Noch unüblich"

Selbst weltweit agierende Konzerne wie Lego lassen ihre Artikel längst von Nutzern mitgestalten — allerdings laufen derlei Aktivitäten in der Regel via Internet. Offline ist die aktive Einbindung noch unüblich: „Der Handel hinkt hinterher.“ Für Möslein einer der Hauptgründe für die Krise des Einzelhandels: „Nicht Amazon zerstört unsere Innenstädte, sondern wir selbst“, sagte sie provozierend bei der Vorstellung der — nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) — weltweit einzigartigen Service-Manufaktur mitten in der Nürnberger Innenstadt. Die Service-Manufaktur, die von Mösleins Lehrstuhl begleitet und unterstützt wird, soll einen Beitrag leisten gegen die weitere Verödung der Stadtzentren — indem sie innovationsfreudigen Kunden eine Spielwiese bietet.

An der Schnittstelle

Die Zielsetzung von Möslein („Ich bin in der Nürnberger Altstadt eine passionierte Kundin“) und ihrem Team ist ambitioniert: „Nürnberg soll als Service-Leuchtturm etabliert werden“, sagte Privatdozentin Angela Roth. Wie? Indem auf 400 Quadratmetern bis Anfang Mai eine Werkstatt, eine Denkfabrik, ein Café und ein kleiner Shop einziehen.

Wo bis vor wenigen Jahren noch Lampen verkauft wurden, soll künftig potenziellen Kunden ein Licht aufgehen. Unternehmen, die neue Produkte auf den Markt bringen wollen, können ihr Angebot testen lassen — von jedem Passanten, der dazu Lust hat. Durch den Einsatz moderner Fraunhofer-Technologie wird die Reaktion getestet: Das Shore-System ermöglicht beispielsweise die anonymisierte Messung der Besucherzahl, aber auch der Aufmerksamkeit, die einem bestimmten Produkt gewidmet wird.

„Wir sind hier an der Schnittstelle zwischen Technologie und Dienstleistung“, sagte der Leiter des IIS, Prof. Albert Heuberger. Er hofft auf viele Firmenkunden, die sich — gegen Bezahlung an das Fraunhofer-Institut — vor der Markteinführung wertvolle Informationen abholen wollen.

Wie wichtig die Feinabstimmung unmittelbar vor der Markteinführung sein kann, hob Frank Danzing, Leiter der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services, die im Nürnberger Nordostpark sitzt, hervor: „Die letzten 20 Prozent der Produktentwicklung sind oft das Problem.“ Er erinnerte an die Einführung der Smartphones: Niemand hatte auch nur annähernd den großen Erfolg dieses Produkts vorausgesehen. Warum? „Weil es für den Endverbraucher schwer zu begreifen war.“ Unternehmen, deren Prototypen im Josephs vorab präsentiert werden, werde diese Unwägbarkeit erspart, „weil Greifen vor Begreifen kommt“. Anders formuliert: Es liegt in der Hand der Nürnbergerinnen und Nürnberger, über den Erfolg oder Misserfolg von neuen Artikeln mitzuentscheiden.

www.josephs-service-manufaktur.de

1 Kommentar