Für saubere Pegnitz: Nürnberg investiert 150 Millionen Euro
26.1.2015, 06:00 UhrEs gab eine Zeit, da war die Pegnitz eine solche Brühe, dass es kein Lebewesen dort aushielt. „In den 60er und 70er Jahren war die Situation dramatisch“, sagt Umweltreferent Peter Pluschke. „Die große Stadt überforderte den kleinen Fluss.“ Unter anderem Stickstoff und Phosphor im Übermaß musste er ertragen. „Dieses Problem hatten damals viele Kommunen in Deutschland. Die Gewässer waren für die Natur verloren.“
Auch heute noch fließt in der Pegnitz kein Badewasser, aber viele Fischarten sind zurückgekehrt, Karpfen, Barsche, Rotaugen fühlen sich wieder wohl. Dieser Umstand ist den beiden Klärwerken im Westen der Stadt zu verdanken, vor allem dem großen, aber auch dem kleinen. Damit sie in ihrer Leistung nicht nachlassen, müssen sie immer wieder technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Besonders das Klärwerk 1 entlang der Muggenhofer Straße, das die Hauptlast trägt. Schließlich ist es bereits seit dem Jahr 1931 im Dienst (die kleinere Anlage, das Klärwerk 2, startete seinen Betrieb 1913).
Mit den ersten umfangreichen Erneuerungsmaßnahmen wurde in den 90er Jahren begonnen. „Die Kläranlage wurde damals zu einer hochkomplexen Fabrik“, sagt Burkhard Hagspiel, der Werkleiter des städtischen Eigenbetriebs Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg (SUN). „Sie ist heute vergleichbar mit einem Kraftwerk.“ 6,3 Kubikmeter Wasser pro Sekunde werden hier gereinigt, 170.000 Kubikmeter am Tag. In einem eigenen Labor kommen regelmäßig Wasserproben zur Untersuchung an.
49,2 Millionen Euro sind im SUN-Wirtschaftsplan 2014 bis 2018 für die Abwasserreinigung vorgesehen. Darin enthalten ist alles, was in den beiden Klärwerken an Arbeiten ansteht – von einer neuen Videoüberwachungsanlage über die Modernisierung der Prozessleittechnik bis hin zur Beleuchtung. Unter anderem werden im großen Klärwerk für 28 Millionen Euro drei neue Nachklärbecken gebaut. Sie bilden die letzte Stufe der Abwasserreinigung und erledigen damit eine zentrale Aufgabe. „Diese Maßnahme musste jetzt nach 40 Jahren einfach sein“, sagt Umweltreferent Pluschke. Auch was die Geruchsbelästigung angeht, sei man permanent am Tüfteln. „Das ist ein großes Thema.“
Neue Anlage zur Klärschlammverwertung
Komplett neu errichtet werden soll ab Frühjahr für sechs Millionen Euro eine Pilotanlage zur Klärschlammverwertung, die international Beachtung findet. Berlin fördert das Vorhaben mit 4,2 Millionen Euro. Es geht darum, Energie und Wertstoffe aus dem getrockneten Schlamm herauszuholen – Phosphor zum Beispiel, eine knapper werdende Ressource, die als Dünger in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen kann. Der Pilotanlage könnte schließlich eine Großanlage folgen – in einer finanziellen Größenordnung von rund 28 Millionen Euro.
Doch nicht nur die Kläranlage ist eine Dauerbaustelle – auch die Kanalisation bedarf einer beständigen Sanierung, Erneuerung und Erweiterung. Angelegt wurde sie 1874, heute breitet sie sich über 1473 Kilometer aus. Gebuddelt wird heuer unter anderem in der Jakobstraße. Der Kanal dort stammt aus dem Jahr 1883 und wird ab März erneuert. In der Luitpoldstraße werden 130 Meter Kanal neu gebaut, ebenso an der Fürther Straße auf Höhe des Justizgebäudes.
Arzneimittel-Rückstände machen Probleme
Das umfangreichste Kanalprojekt, das in den nächsten Jahren ansteht, startet im Herbst in den „Siedlungen Süd“ – dazu gehören die Gartenstadt, Falkenheim, die Kettelersiedlung und die Neulandsiedlung. 14.000 Menschen leben dort, das Kanalnetz, stellenweise bis zu 100 Jahre alt, ist überlastet. 16 Jahre sind für die Arbeiten vorgesehen, 57 Millionen Euro werden sie Schätzungen zufolge kosten.
Im SUN-Wirtschaftsplan sind für den Bereich Abwasserableitung bis 2018 insgesamt 101,7 Millionen Euro vorgesehen – darunter auch 19 Millionen Euro für Kanalarbeiten, die nötig werden, wenn der Tunnel für den kreuzungsfreien Frankenschnellweg gebaut wird.
Eine der großen Herausforderungen, vor der die SUN-Spezialisten genauso wie ihre Kollegen in anderen Städten und Ländern derzeit stehen, sind die Mikroverunreinigungen im Abwasser. „Seit 2010 wird das Thema intensiv diskutiert“, sagt Burkhard Hagspiel. „Ein Riesenproblem stellen die Rückstände aus Arzneimitteln dar.“ Eine effiziente Möglichkeit, dem Problem Herr zu werden wäre, die Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. „Technisch kein Problem“, so Hagspiel.
„Aber der finanzielle Aufwand wäre sehr hoch.“ Pläne zum Bau einer solchen Anlage gibt es derzeit nicht. Sollte sie kommen, müssten die Nürnberg in jedem Fall tiefer in die Tasche greifen. Die Abwassergebühren würden dann, schätzt Burghard Hagspiel, um fünf bis acht Cent pro Kubikmeter steigen. Derzeit liegen sie bei 2,02 Euro jährlich pro Kubikmeter für Schmutzwasser und bei 0,65 Euro pro Quadratmeter für Niederschlagswasser.
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