In den Tiefen der Stadt: Einblick in Nürnbergs Bunkerwelt

Ute Möller

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29.12.2018, 05:58 Uhr
Der Bunker unterhalb des Paniersplatzes bot im zweiten Weltkrieg offiziell 15.000 Schutzsuchenden Platz. Für die Führungen im Januar hat der Förderverein Nürnberger Felsengänge extra Lampen in den langen Gängen montiert.

© Günter Distler Der Bunker unterhalb des Paniersplatzes bot im zweiten Weltkrieg offiziell 15.000 Schutzsuchenden Platz. Für die Führungen im Januar hat der Förderverein Nürnberger Felsengänge extra Lampen in den langen Gängen montiert.

Vom Erdgeschoss der Grundschule am Paniersplatz führen 30 Treppenstufen in die Tiefe. "Gerüchte verbreiten ist Landesverrat" pinselten die Nazis noch in Sichtweite der massiven Eingangstür an die Bunkerwand. Die Schutzsuchenden sollten nicht miteinander darüber spekulieren, ob der Endsieg womöglich auf der Kippe steht.

Dicht gedrängt hockten sie auf Holzbänken, es gab elektrisches Licht, die Luft strömte durch eine mechanische Lüftung, die Notdurft war auf tragbaren Chemieklos zu verrichten. Die Nazis begannen 1941 damit, die Bierkeller unter dem Paniersplatz zu einer Bunkeranlage aufzurüsten. Im Stadtgraben sowie in der Grundschule und im Scharrer-Gymnasium entstanden bis 1943 neue Zugänge.

"Die Menschen haben sich hier unten sicher gefühlt", das erzählten Zeitzeugen dem Vorsitzenden des Fördervereins Nürnberger Felsengänge, Ralf Arnold, immer wieder. Und das, obwohl auch in zwölf Metern Tiefe die Wände zitterten, wenn oben Bomben einschlugen.

Die Schulkinder sollten es möglichst gut haben, wenn sie schon, wie in den letzten Kriegswochen, fast täglich in den Bunker rennen mussten. In ihren Schutzräumen haben die Wände einen wasserdichten Teeranstrich und eine Verkleidung aus Bimsstein, "beides macht die Luft trockener, die Kinder sollten nicht im Feuchten sitzen", erklärt Arnold. Über ihre Sitzbänke waren Ablagen für ihre Schultaschen an die Wände geschraubt. Die Bohrlöcher sieht man heute noch. Ebenso wie die Pissrinnen für die Jungs und die Abflussstutzen der Mädchenklos.

Mehr Komfort für NS-Gauleiter

Gefliest und mit glattem Putz an den Wänden sollten auch die Schutzräume des stellvertretenden NS-Gauleiters Karl Holz und von Oberbürgermeister Willy Liebel etwas mehr Komfort bieten. "Die beiden konnten sich nicht leiden, deshalb sind die Räume etwas voneinander getrennt", sagt Arnold.

Der Paniersbunker war Fluchtort für die Angestellten des Rathauses, genauso wie für die Polizisten der dortigen Wache. 24 Stunden am Tag waren Mitarbeiter des Hochbauamtes im Paniersbunker – bei ihnen liefen die Schadensmeldungen nach Bombenangriffen zusammen, sie koordinierten die Rettungseinsätze.

Kunst im Untergrund

Auch Kunst sollte in den Bierkellern Schutz finden. So wurde nicht nur die Kopie des Neptunbrunnens vom heutigen Willy-Brandt-Platz hierher geschafft, sondern auch das Original des Barockbrunnens, das die Nazis in St. Petersburg abgebaut und nach Nürnberg transportiert hatten. Und der spätere Stadtbaurat Heinz Schmeißner versteckte noch an Karfreitag 1945 Krone, Reichsapfel, Zepter und Schwerter der Reichskleinodien im Untergrund vor den Amerikanern. Vergeblich.

Die Führungen durch den Bunker beginnen in der Grundschule am Paniersplatz 37. Sie finden vom 2. bis 6. Januar täglich zwischen 10 und 18 Uhr statt. Weitere Termine sind Freitag, 11. Januar, 16 bis 18 Uhr, sowie Samstag, 12. Januar, und Sonntag, 13. Januar, 10 bis 18 Uhr. Alle 15 Minuten startet eine Tour. Man sollte sich Karten für 8 Euro im Vorverkauf sichern, online unter www.felsengaenge-nuernberg.de oder in den Tourist-Informationen am Hauptmarkt und in der Königstraße 93.

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