Intersexuelle Michaela R. hat Recht auf Schmerzensgeld

17.12.2015, 17:53 Uhr
Sie will Gerechtigkeit: Michaela R. klagt derzeit gegen die Uni-Klinik Erlangen.

© dpa Sie will Gerechtigkeit: Michaela R. klagt derzeit gegen die Uni-Klinik Erlangen.

Michaela R. aus Mittelfranken hatte dem Universitätsklinikum Erlangen und einem behandelnden Arzt vorgeworfen, sie vor einer Hormontherapie und einer Operation nicht über die Tragweite und Folgen der Behandlung aufgeklärt zu haben. Durch die Therapie vor rund 20 Jahren sei sie so schwer erkrankt, dass sie heute voll erwerbsunfähig sei. Die Klägerin forderte 250.000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie eine monatliche Rente von 1600 Euro.

Intersexuelle Menschen tragen Merkmale beider Geschlechter in sich. Nach Angaben von Michaela R. verschwiegen ihr die Mediziner damals, dass sie zwar äußerlich weibliche Geschlechtsorgane hatte, ihr XY-Chromosomensatz jedoch der eines Mannes ist.

In seinem um 15 Uhr verkündeten Urteil hat das Landgericht Nürnberg Fürth nun der Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz gegen das Universitätsklinikum Erlangen zuerkannt. Die Richter stellten fest, dass Michaela R. damals nicht ausreichend über ihre genetische Disposition aufgeklärt worden war.

Konkret schreibt das Gericht in einer Pressemitteilung: "Die von Michaela R.erteilte Einwilligung sei unwirksam, weil die Ärzte ihr kein zutreffendes Bild von ihrem gesundheitlichen Zustand vermittelt hätten. Dazu hätte es auch 1995 schon gehört, der erwachsenen Michaela R. den Zustand ihres intersexuellen Genitals mitzuteilen und ihr Ursachen und Folgen jedenfalls in den Grundzügen verständlich zu erläutern. Nur so hätte Michaela R. die Bedeutung und Tragweite der ihr vorgeschlagenen feminisierenden Behandlung erkennen und eine selbstbestimmte Entscheidung treffen können."

Zur Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes bedarf es allerdings einer weiteren Beweisaufnahme. Die gegen den ausführenden Operateur erhobene Klage wurde dagegen abgewiesen: Er hafte nicht dafür, dass Michaela R. von anderer Seite bei der Entwicklung des Gesamtbehandlungskonzepts nur unzureichend aufgeklärt worden sei, so das Gericht.

Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig - die Parteien können gegen das Urteil noch Berufung zum Oberlandesgericht Nürnberg einlegen.

Der Artikel wurde am Donnerstag um 17.53 Uhr aktualisiert.

 

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