Klingenhofgelände: Partyvolk raubt Anwohnern Schlaf

1.8.2016, 14:47 Uhr
Am Eingang der Martinstraße stehen Absperrungen – diese werden jedoch laut einem Anwohner nicht ausreichend überwacht.

© Eduard Weigert Am Eingang der Martinstraße stehen Absperrungen – diese werden jedoch laut einem Anwohner nicht ausreichend überwacht.

"Ich habe mir das jetzt lang genug angeschaut", schreibt der Anwohner, "die Situation war noch nie so schlimm wie jetzt, wo die Resi geöffnet ist". Als die "Resi" Anfang des Jahres in der ehemaligen "Rockfabrik" eröffnet hat, hat der Betreiber ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgestellt, das den Anwohnern des Discoareals Ruhe garantieren soll.

Offenbar funktioniert das aber nicht ganz so, wie es sich die Anwohner erhofft hatten. Beim Vorstadtverein Nürnberg–Nord sind mittlerweile diverse Beschwerden eingegangen, ein Anwohner listet in einem Schreiben an Verantwortliche auf, was er beobachtet haben will.

Die Sperrung der Martinstraße etwa, die eigentlich nachts stattfinden sollte, finde etwa nicht statt, schreibt er. Auch einen Shuttlebus habe er noch nicht gesehen. Aufsichtspersonal, das das Feiervolk vom U-Bahnhof Herrnhütte aus in die Pirnaer Straße schicken soll, sei ebenfalls nicht vor Ort. Stattdessen würden die jungen Leute durch die Bessemerstraße in Richtung der Diskotheken laufen.

In der Tat – am späten Samstagabend steht kein Ordner am U-Bahnhof. Die Discogänger kommen an, warten auf ihre Freunde und laufen dann gesammelt durch die Bessemer- und die Martinstraße zu den Diskotheken. Einigen gelingt das, ohne die Anwohner zu nerven. Vielen aber auch nicht. Da werden Wodkaflaschen brüderlich geteilt, dazwischen fällt lautstark die ein oder andere Beschimpfung.

Als sich ein Anwohner von seinem Balkon aus beschwert, bekommt er ein "halt‘s Maul, sonst komm ich hoch" entgegengebrüllt. Von der Klingenhofstraße aus hört man ein Einsatzfahrzeug mit Martinshorn. An der Martinstraße testen zwei junge Männer, ob man mit Feuerzeug und Spraydose Stichflammen erzeugen kann. Fazit: es funktioniert. Immer wieder fahren Autos in die Bessemerstraße. Dass man das Autoradio leise drehen könnte, wenn man durch ein Wohngebiet fährt, kann man ja mal vergessen. Ein ruhiger Abend auf dem Balkon? Das können sich die Anwohner an den Wochenenden abschminken.

Auch am frühen Morgen soll es in dem Areal schlimm zugehen. "Sobald die Gäste das Haus verlassen haben, interessiert sich anscheinend niemand mehr, was danach in den Straßen noch los ist", heißt es in dem Beschwerdeschreiben. Der Anwohner schreibt von besoffenen Partygästen, die in den Grünanlagen ihre Notdurft verrichten. Außerdem werde sich oft vor den Häusern in einer Reihe aufgestellt und mit voller Kraft gejohlt und geschrien. "So kann es nicht mehr weitergehen", schreibt er, "dort zu wohnen ist eine Zumutung".

Ob es denn stimmt, was der Anwohner in seinem Beschwerdeschreiben behauptet? Im Büro der "Resi" kann eine Mitarbeiterin die Vorwürfe nicht verstehen. Sie kümmert sich schließlich darum, dass die Martinstraße gesperrt wird, sagt sie. Auf einen Rückruf des Chefs zu den Details wartet man in der Redaktion dennoch vergeblich.

Tobias Schmidt vom Vorstadtverein Nürnberg-Nord schlägt nun einen runden Tisch vor. Im September will er gemeinsam "eine ,Manöverkritik‘ zu den zugesagten Maßnahmen zum Anwohnerschutz üben". Der SPD-Stadtratsfraktion geht das nicht weit genug. Als Reaktion auf diesen Artikel, der am Montagmorgen zuerst in der Printausgabe der Nürnberger Zeitung erschienen ist, reichten die Nürnberger Genossen am Montagmittag bei Oberbürgermeister Maly einen Antrag ein, der die Problematik zum Thema für den Ausschuss für Recht, Wirtschaft und Arbeit macht. Darin verlangt die SPD-Fraktion einen Bericht der Verwaltung "über ihre Erkenntnisse, ob die aktuell geltenden Maßnahmen eingehalten werden."

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