„Kopfbau ist ein Zeuge der Stadtgeschichte“
10.3.2015, 21:04 UhrDie Kritiker sind sauer. Beim Post-Komplex, bestehend unter anderem aus Rundbau und Kopfbau, wittern sie ein abgekartetes Spiel: Weil der Investor für den Kopfbau – ein siebengeschossiges Gebäude aus den 1930er Jahren – keine Verwendung sieht und daher abreißen lassen will, hat sich die Stadtverwaltung bereits gefügt. Auch wenn sie es noch nicht offen zugibt.
„Die ehemalige Hauptpost ist kein Wert an sich“, hatte Baureferent Daniel Ulrich gesagt und im Stadtplanungsausschuss im vergangenen Januar zugegeben: „Der bittere Preis, der für den Erhalt des Rundbaus zu zahlen ist, ist der Verlust des Kopfbaus.“ Die sonst so zuverlässigen Mitstreiter vom Verein „Baulust“ wollten ebenso wenig auf der Unterstützer-Liste für den Erhalt des Kopfbaus stehen wie Stadträtin Christine Kayser – sie sitzt für die SPD im Stadtplanungsausschuss.
Für Elmar Hönekopp von der Stadtbild-Initiative sind das alles Hinweise darauf, dass der Abriss des Kopfbaus längst beschlossene Sache ist. „Man will dem Investor keine Knüppel zwischen die Beine werfen“, glaubt Hönekopp. Schließlich stand das Postensemble mit seinen vier Gebäudeteilen Jahrzehnte lang weitgehend leer, bevor die Hubert Haupt Immmobilien-Holding es vor einem Jahr kaufte. Anders als der Rundbau ist der markante Kopfbau nicht denkmalgeschützt. Der Antrag auf Aufnahme in die Denkmalliste wurde in den 2000ern abgelehnt.
Nach Ansicht der Kritiker ist das ein großer Fehler. Das Gebäude sei „stadtbildprägend“, betont Karl-Heinz-Enderle von den Altstadtfreunden: „Der Kopfbau gehört zum Bahnhofplatz. Ob man den Frauentorgraben entlangfährt, aus dem Hauptbahnhof oder dem Königstor kommt oder am Bahnhofplatz auf die Straßenbahn wartet – den Kopfbau hat man im Blick.“ Enderle weist darauf hin, dass noch niemand wisse, was nach dem Abriss entstehen wird. Möglicherweise ein Haus, so hoch wie die Gebäude am Plärrer?
Im Kopfbau verschmelzen mehrere Epochen Nürnberger Stadtgeschichte. Entworfen 1931 in der Weimarer Republik als moderner Stahlskelettbau mit Flachdach, ist es ein Vertreter der „Neuen Sachlichkeit“. In der NS-Zeit wandte man sich von der Leichtigkeit ab, das Gebäude wirkte durch ein Walmdach und eine Fassade aus Muschelkalkstein nun schwer und mächtig. 1935 fertiggestellt, haben Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg das Dach teilweise bis zum Keller durchschlagen. Beim Wiederaufbau, der 1947 begann, verschwand das vorspringende Dach ebenso wie die große Adlerfigur an der nordwestlichen Gebäudeecke. 1951 war auch der Innenausbau abgeschlossen. „Man sollte der Nachwelt die Chance lassen, anhand des Kopfbaus über die Stadtgeschichte nachzudenken“, sagt Stephan Schwach von der Stadtbild-Initiative.
Die Initiative verlangt, dass der Erhalt des Kopfbaus Voraussetzung werden muss für alle Pläne, die den Post-Komplex betreffen. Die Online-Petition sei erst der Anfang einer Reihe von Aktionen, kündigt Hönekamp an.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen