Mindestlohn als wichtiger Baustein

Nürnberg - Nürnberg ist seit 1993 „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“ und verleiht heuer zum zehnten Mal den Internationalen Menschenrechtspreis. Aber aus welchen 30 Artikeln besteht eigentlich die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte? Und welchen Bezug haben sie zu Nürnberg? Otto Böhm und Doris Katheder, Autoren des „Grundkurs Menschenrechte“ der Akademie CPH, haben dazu mit Christine Burmann im Rahmen einer Interviewserie 30 Persönlichkeiten befragt. Heute erklärt die Rechtsanwältin Sandra Carlson den Artikel 23.

Worin besteht der besondere Wert dieses Menschenrechtes für Sie?

Sandra Carlson: Faire und gerechte Arbeitsbedingungen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und Schutz vor Arbeitslosigkeit sind keine Wohltaten der sozialen Marktwirtschaft, sondern grundlegende Rechte jedes Einzelnen. Sie müssen täglich in den Betrieben, vor Gericht oder in den Parlamenten erkämpft werden. Daher ist die Arbeit in Gewerkschaften und Betriebsräten auch Menschenrechtsarbeit.

 

In welchem Bereich gibt es Ihrer Ansicht nach hier besonderen Erfolg?

Carlson: Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns Anfang dieses Jahres war ein wichtiger Baustein für die Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen. Nur wenn Arbeit angemessen und gerecht bezahlt wird, ist es menschenwürdige Arbeit. Die Rechte von arbeitenden Eltern wurden durch das neue Elterngeld und die Verbesserung der Elternzeit gestärkt. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie ist Teil des Menschenrechts auf Arbeit.

 

Worauf muss in Zukunft besonders Wert gelegt werden?

Carlson: Nur verlässliche Arbeitsverhältnisse sind fair. Allerdings sind sie für viele Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr. Leiharbeitsverträge, Befristungen oder Werkverträge führen zu Willkür, Unsicherheit und Ausgrenzungen. Hier muss der Gesetzgeber endlich handeln.

 

Dr. Sandra Carlson, LL.M., ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Nürnberger Kanzlei Manske und Partner. Sie vertritt ausschließlich Arbeitnehmer(innen) und Betriebsräte.