Mit nur fünf Euro zum eigenen Unternehmen

9.2.2016, 15:33 Uhr
Die Gewinner des Wettbewerbs mit ihrer „NaturUhr“: Jonas Kurzweg, Julia Holweg, ein interessierter Uhren-Kunde, Francie Streit, Dominik Fischer und Axel Stamm (v. l.).

© Edgar Pfrogner Die Gewinner des Wettbewerbs mit ihrer „NaturUhr“: Jonas Kurzweg, Julia Holweg, ein interessierter Uhren-Kunde, Francie Streit, Dominik Fischer und Axel Stamm (v. l.).

Im März können sie sich vielleicht sogar mit Tennisstar Angelique Kerber treffen. Selbst die frischgekrönte Grand-Slam-Siegerin kann noch von „Moves“ profitieren, sind die Studenten überzeugt. Andreas Gebhardt, Sven Göpfrich, Marvin Lunz und Adam Wagenhäuser haben eine Videoanalyse-Software für Sportler entwickelt. Das Programm zeigt zwei Aufnahmen nebeneinander oder übereinander an, so dass Trainer und Schüler die Bewegungen vergleichen können.

„Wer seine Fehler sieht, begreift sie schneller, und wer einen Profi beobachtet, kann von ihm lernen“, sagt Göpfrich. Der 21-Jährige tritt selbst bei Tennisturnieren an und durfte schon zu Schulzeiten von erfolgreichen Trainern lernen: „Wir wollen Videoanalysen für jeden zugänglich machen“, sagt er. „Eine vergleichbare Software, die viel zeigt und gleichzeitig einfach zu bedienen ist, gibt es noch nicht.“

Mit viel Zeit und Energie zum Sieg

Diese Idee und die Umsetzung belohnt die Jury des „5-Euro-Business“-Wettbewerbs mit dem dritten Platz und 400 Euro. „Ein nachhaltiges und innovatives Geschäftskonzept, für das wir gute Zukunftschancen sehen“, sagt Jury-Sprecher Matthias Appoldt von der Siemens AG bei der Preisverleihung. „Wir sind total glücklich, dass wir es aufs Treppchen geschafft haben und uns bei dieser starken Konkurrenz durchsetzen konnten“, sagt Teammitglied Andreas Gebhardt. „Jetzt müssen wir erst einmal Klausuren schreiben und dann planen wir, wie es nach dem Wettbewerb weitergeht.“

Jonas Liedel, Niklas Maier und Adrian Schantini (v. l.) haben Akkuladestationen in Kerzenhalter und Visitenkartenständer eingebaut.

Jonas Liedel, Niklas Maier und Adrian Schantini (v. l.) haben Akkuladestationen in Kerzenhalter und Visitenkartenständer eingebaut. © Edgar Pfrogner

Das Semester läuft normal weiter, während die Studenten ihr Unternehmen aufbauen. Der Wettbewerb ist zwar ein Wahlfach, für das die Teilnehmer auch Studienpunkte bekommen, aber für viele wird er in diesen zehn Wochen zum Vollzeitjob. In Seminaren lernen sie Techniken zur Ideenfindung, rechtliche Grundlagen der Unternehmensgründung, Projektmanagement, Werbe- und Vertriebsstrategien und gute Teamarbeit. Mit fünf Euro Startkapital versuchen sie dann ein Produkt oder eine Dienstleistung bis zur Marktreife zu führen. Gesponsert vom Bayerischen Unternehmensverband Metall und Elektro sowie dem Verband der Bayerischen Metall und Elektroindustrie.
„Unternehmensgründung hat einen hohen Stellenwert bei uns an der Uni, aber er ist noch nicht hoch genug“, sagt Kai-Ingo Voigt. Der Professor für Industrielles Management organisiert den Wettbewerb an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Die deutsche Wirtschaft lebt davon, dass gute junge Unternehmen nachkommen.“

Eines davon will auch „Kraftklotz“ werden. Niklas Maier, Jonas Liedel und Adrian Schantini nehmen sich all jener an, deren Handyakku wieder einmal genau im falschen Moment leer ist. Dafür haben die drei Maschinenbaustudenten Tischdekoration aus Europaletten geschreinert. „Viele junge Leute bauen sich heutzutage Möbel aus den Paletten, das wollten wir aufgreifen“, sagt der 24-jährige Maier. Sie gestalteten Kerzenhalter und Kästchen für Salz und Pfeffer, unter denen eine Akkuladestation eingebaut ist. In der Bar oder Kneipe kann der Gast daran sein Smartphone aufladen. Für Messestände oder Empfangstresen haben sie auch Visitenkartenständer und Tablet-Halter im Angebot. „Wir können den Kraftklotz individuell für den Kunden gestalten“, erklärt Maier. Seitlich gravieren sie auf Wunsch auch das Firmenlogo ein.

Sven Göpfrich, Marvin Lunz, Andreas Gebhardt und Adam Wagenhäuser entwickelten eine Sportanalyse-Software.

Sven Göpfrich, Marvin Lunz, Andreas Gebhardt und Adam Wagenhäuser entwickelten eine Sportanalyse-Software. © Edgar Pfrogner

Seinen Stand hat das Team wie einen Restauranttisch gestaltet, denn die Jury bewertet auch das Auftreten der Gruppe am Finalabend und eine Produktpräsentation vor Publikum. Dafür hat sich Adrian Schantini sogar die Haare mit Babypuder grau meliert. Er tritt als VW-Chef Martin Winterkorn auf, der den Anruf zum Abgasskandal beim Essen erhält, just in dem Moment, als sein Handyakku versagt. Zum Glück kann Jonas Liedel als Kellner verkleidet mit dem „Kraftklotz“ helfen. Die Zuschauer sind begeistert. „Wir wollten etwas Besonderes zeigen“, sagt der 25-jährige Liedel. „So ein Sketch bleibt doch viel besser in den Köpfen hängen als Powerpointfolien.“ Die Jury zeichnet dieses Engagement mit dem zweiten Platz und 600 Euro aus. „Wir sind total zufrieden – unser Ziel war es, unter die ersten drei zu kommen und das haben wir geschafft!“, sagt Maier. „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen und mit dem Preisgeld unseren Online-Auftritt und den Vertrieb verbessern.“ Die Fertigung hat inzwischen eine Nürnberger Schreinerei übernommen.

Holz ist der Gewinner des Abends

Holz ist der absolute Gewinner des Abends. „Ein Stück Natur an Ihrem Arm“ verkaufen Jonas Kurzweg, Julia Holweg, Francie Streit, Dominik Fischer, und Axel Stamm und setzen sich damit gegen die Konkurrenz durch. Ihre „NaturUhr“ soll „elegant, sozial und individuell“ sein. Die Modelle sind aus heimischen Hölzern wie Nussbaum, Ahorn oder Eiche, eine Lasur schützt sie vor Spritzwasser, nur baden sollte man damit nicht. „Wir kannten uns vorher nicht, unsere Idee hat uns zusammengeführt“, erzählt Julia Holweg. Sie studiert Ökonomie und Kulturgeographie im fünften Semester. Ihre Geschäftskollegen studieren Soziale Arbeit, Soziologie, Theater- und Medienwissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen. Sie wollten alle fünf ein soziales Projekt realisieren und lernten sich beim Gründerseminar kennen. Ihre „NaturUhr“ fertigen sie in Zusammenarbeit mit einer Behindertenwerkstatt. „Wir werden unser Unternehmen nach dem Wettbewerb auf jeden Fall ausgründen und unsere Uhr weiter optimieren.“ 800 Euro Preisgeld helfen ihnen nun dabei.

Nach und nach wurde das Armband in den letzten Wochen immer feingliedriger und die Produktion effizienter. „Es war enorm viel Arbeit, viel mehr als gedacht, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ Ihr herausragender Geschäftsbericht und eine gute Bilanz haben die Jury überzeugt. „Es waren in diesem Jahr sehr starke Teams auf hohem Niveau dabei“, sagt Axel Stamm. Ein Diebstahl-Detektor für Fahrräder, Lampen aus Glasflaschen, eine Tasche für Jurabücher und eine Online-Infoplattform für Studenten gingen ebenfalls ins Rennen.

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