Nürnberg: Breites Bündnis ruft zum Protest gegen rechts
1.8.2012, 19:51 UhrAm Abend planten einige Teilnehmer in Richtung Wettersteinstraße weiterzuziehen, wo das Freie Netz Süd und Stadtrat Sebastian Schmaus ein Büro betreiben sollen. Dort versammelten sich tatsächlich aber nur sehr wenige Demonstranten.
Nachdem sich die Lage langsam aber sicher beruhigt, geht die Polizei in die Menge und zieht einige Leute heraus, um sie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festzunehmen.
Von mehreren Teilnehmern der Gegendemonstrationen wird der Polizeieinsatz massiv kritisiert. Dem Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus ist nach eigener Aussage ein Transparent beschädigt worden, als Polizisten dessen Haltestangen abgebrochen haben.
Die Polizei hat mittlerweile die offiziellen Zahlen vom Heinrich-Böll-Platz bekanntgegeben: Ganze sechs NPD-Funktionäre standen circa 1500 Demonstranten aus dem bürgerlichen Lager und rund 400 Aktivisten aus dem linken Spektrum gegenüber.
Die Glocken der der Paul-Gerhardt-Kirche läuten und übertönen die Kundgebung der NPD.
Mitglieder der Antifa wollten vor der Kundgebung dem Bus der NPD hinterherlaufen. Die Polizei hat diesen Versuch mit Pfefferspray unterbunden. Die Städträtin Eylem Gün (Die Linke) wollte an einer Zufahrtstraße zum Heinrich-Böll-Platz eine spontane Demonstration anmelden, was die Polizei ablehnte. Anschließend soll es ein Gerangel zwischen 60 bis 70 Demonstranten und der Polizei gegeben haben, bei dem die Beamten auch ziemlich rabiat gegen Stadträte vorgegangen sein sollen.
Die Kundgebung der NPD beginnt. Die Trillerpfeifen und Ratschen der Gegendemonstranten machen die Reden, die allesamt vom Band kommen, und die entsprechende Begleitmusik unverstehbar.
Mit lauten "Haut ab"- und "Nazis raus"-Rufen wird die NPD auf dem Heinrich-Böll-Platz "begrüßt". Die Rechten, um den Nürnberger Stadtrat Sebastian Schmaus, laden einen Lkw aus und bauen für ihre Kundgebung auf. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun, erste Gegendemonstranten versuchen die Absperrungen zu überwinden. Die NPD filmt laut Augenzeugenberichten die Demonstranten.
Kurz vor 17:00 Uhr trifft der NPD-Bus in Nürnberg ein. Die Stimmung auf dem Heinrich-Böll-Platz beginnt hochzukochen.
Am Heinrich-Böll-Platz haben sich am späten Nachmittag rund 70 Nazi-Gegner auf die Glogauer Straße gesetzt, um die Ankunft des NPD-Busses zu blockieren. Die Polizei verhält sich noch defensiv, das könnte sich bei der Ankunft der Rechten gegebenenfalls ändern, wenn die Sitzblockade aufgelöst wird.
Während die Gegendemonstranten den Maffeiplatz fest in ihrer Hand haben, steckt der Bus der NPD noch in Regensburg fest. Auch dort haben sich Gegner der sogenannten "Deutschland-Tour" versammelt und blockieren die Abreise der Rechten nach Nürnberg. Die Sitzblockade wird von der Polizei aufgelöst.
Die Polizei hat um 15:15 Uhr eine erste offizielle Zahl der Gegendemonstranten am Maffeiplatz benannt: Es sollen sich innerhalb der Absperrung 200 Menschen befinden, außerhalb der Absperrung nochmal 200.
Die geschätzen 400 bis 600 Gegendemonstranten haben den ganzen Maffeiplatz besetzt. Alles ist weiterhin friedlich. Laut Polizeisprecher Peter Schnellinger ist der geplante Aufbau des Infostands abgesagt worden, da die Polizei beim Anblick der Gegendemonstranten ein zu hohes Sicherheitsrisiko gesehen hat. Das Angebot, einen Ausweichplatz für den Infostand zu nutzen, wurde laut Schnellinger vom Rechtsextremen Karl R. abgelehnt.
Etwa zwei Drittel der Gegendemonstranten haben sich im abgesperrten Bereich versammelt - das restliche Drittel hat die Polizei ausgesperrt. DIe Lage am Maffeiplatz ist ruhig. Der Infostand sollte bis 15 Uhr stehen, doch bisher dominieren die Gegendemonstranten den Platz.
Ausgerechnet nur wenige Gehminuten von dem Ort entfernt, an dem der türkische Schneider Abdurrahim Özüdogru 2001 vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ ermordet wurde, hat der Rechtsradikale Karl R. für heute ab 14.30 Uhr eine Kundgebung angemeldet. Sie steht unter dem Motto „Freiheit für alle deutschen politischen Gefangenen“. Und zielt offenbar auf den in Portugal in Auslieferungshaft sitzenden Zirndorfer Neonazi Gerhard Ittner ab.
Das Nürnberger Bündnis Nazistopp wertet das als ungeheure Provokation und ruft deshalb ab 14 Uhr zur Gegen-Kundgebung am Maffeiplatz auf. Auch Die Linke bittet um 14 Uhr zum Protest gegen Rechts am Maffeiplatz.
Um 16 Uhr findet dann auf dem Heinrich-Böll-Platz in Langwasser eine Demonstration eines breiten Bündnisses demokratischer Kräfte und gesellschaftlicher Gruppen gegen Rechtsradikale statt. Zum Protest rufen unter anderem OB Ulrich Maly, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und die Israelitische Kultusgemeinde auf. „Nürnberg ist weltoffen und tolerant. Feinde der Demokratie haben in unserer Stadt nichts zu suchen“, heißt es in dem Appell.
Wie mehrfach berichtet, will die NPD im Rahmen ihrer sogenannten Deutschlandfahrt heute Nachmittag in Langwasser Halt machen. Die Neonazi-Partei hat bis zu 25 Teilnehmer angemeldet. NPD-Bayern-Chef Ralf Ollert wird auftreten. Zwei weitere Redner wurden angekündigt.
Die Polizei wird präsent sein. Um zu verhindern, dass Rechtsextreme und Gegendemonstranten aufeinanderprallen, werden am Heinrich-Böll-Platz Absperrgitter aufgebaut.
Danach geht der Protest noch weiter: Das Bündnis Nazistopp appelliert an alle Antifaschisten, im Anschluss an die Demonstration am Heinrich-Böll-Platz in die Wettersteinstraße zu ziehen. Dort haben Neonazis aus dem Spektrum des „Freien Netzes Süd“ vor wenigen Tagen ein sogenanntes „Nationales Zentrum“ eröffnet. „Die Schaffung eines solchen Zentrums stellt etwas Einmaliges in einer süddeutschen Großstadt dar und ist nicht akzeptabel“, so das Bündnis Nazistopp.
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