Nürnberger Spielearchiv bekommt Sammlung der Firma Spear
3.2.2018, 13:30 UhrAngelspiel und Froschhüpfen, Hütchenspiel und "Kennst Du Nürnberg": Mit den Erzeugnissen aus dem Hause Spear & Söhne hat zumindest in der Kindheit fast jeder einmal gespielt - zumindest vor der steilen Zunahme der Digitalisierung. Der hochkarätigen Sammlung ist nun ein kompletter Raum gewidmet - die frühere Ausleihe der Stadt- und Unibibliothek im Pellerhaus. Fotos an den Wänden zeigen die wichtigsten Vertreter der Familie, Brett- und andere Spiele in Originalkarton füllen Regale, Schubladen und Vitrinen. Ein großer Teil lagert in Originalschränken, die in Nürnberg in neue Rahmen eingepasst wurden.
Der Archivraum ist nur bei Führungen und speziellen Veranstaltungen sowie für Studienarbeiten geöffnet. Stets zugänglich ist dagegen, zu den regulären Öffnungszeiten des Hauses, eine spielerisch angelegte Firmengeschichte: Auf dem Gang - dem Weg zum früheren Lese- und heutigen Spielesaal - veranschaulicht eine lange Folge von Schautafeln das wechselvolle Schicksal: 1879 hatte Jacob Wolf Spear in Fürth zunächst ein Import- und Exportgeschäft für Kurzwaren gegründet. Schon nach einiger Zeit spezialisierte er sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Spielen.
Tragische Geschichte
Nach einem Großbrand, der die Fabrik in Schutt und Asche legte, nahm sich der Gründer das Leben. In zweiter Generation wurden in einem neuen Werk in Nürnberg-Doos unter anderem Mühle, Dame, Halma und viele andere Spiele produziert. Die Weltwirtschaftskrise überstanden J.W. Spear & Söhne zunächst noch glimpflich, dank geschickter Produktpolitik und einer Tochterfirma in England. Das Land wurde zum rettenden Ufer, als in Deutschland mit antisemitischer Hetze wüteten. Im Zuge der sogenannten Arisierung zwangen sie die jüdische Familie, die Firma weit unter Wert zu verkaufen - und selbst von dieser niedrigen Summe sah der damalige Inhaber Hermann Spear keinen Pfennig. Profiteur war Hanns Porst, der alsbald auch Propaganda-Versionen beliebter Klassiker anfertigen ließ. Hermann Spear und elf weitere Familienangehörige wurden in Konzentrationsnlagern ermordet.
"Scrabble" allseits bekannt
Der Teil der Familie, der nach England entkommen konnte, führte das Unternehmen in Enfield bei London fort. Nach 1945 musste Porst die freilich zerstörte Fabrik zurückgeben. Bis in die 80er-Jahre hinein wurde auch in Nürnberg (wieder) produziert - und das Firmenarchiv aufgebaut.
Bekannt- und Berühmtheit hatte dem Unternehmen nicht zuletzt das Buchstabenlegespiel "Scrabble" verschafft: Nach der Lizenz für Europa in den 50er-Jahren verfügt es seit 1968 über die weltweiten Vermarktungsrechte. Aber das war vielleicht nur der spektakulärste Erfolg des Hauses.
Zur offiziellen Übergabe kamen jetzt rund ein Dutzend Angehörige der inzwischen weit verzweigten Familie nach Nürnberg. Nicht umsonst wurde als Termin ein Tag während der Spielwarenmesse gewählt. Denn hier waren Spear & Söhne seit langem vertreten. In den 90er-Jahren knüpfte auch der damalige Leiter des Spielwarenmuseums, Helmut Schwarz, Kontakte zu der Familie und organisierte eine erste Ausstellung. Francis Spear selbst, der seine Fürther und Nürnberger Heimat zuletzt im vergangenen Jahr hatte besuchen können, war nun wegen einer Krankheit verhindert. Seine Frau Hazel, selbst eine erfahrene Spielwarenmesse-Besucherin, zeigte sich sehr angetan von der würdigen Aufnahme der Bestände.
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