Nürnbergs Vorreiter der Wurfhölzchen-Welt
23.6.2012, 00:00 Uhr„Daneben getroffen“, sagt Robert Ewald gottergeben. „Weil ich viel zu nah dran war.“ Seine Stärke ist der Weitwurf. Nicht mit Ball oder Kugel, nein, mit einem Wurfholz. Jetzt ist Sabine Pfeiffer dran. Sie zielt auf das Spielholz mit der Nummer acht und trifft. „ Oh, verflixt, es hätte die Sechs sein müssen; tut mir leid.“ Auf dem Sportplatz des FSV Erlangen-Bruck findet die fünfte offene Deutsche Mölkky-Meisterschaft (DMM) statt und Robert Ewald, Sabine Pfeiffer, Katharina Kaiser, Michael Wurzer und Hendrik Bastuck – das Team „Born to Mölkk“ – sind die Titelverteidiger. Bei der Weltmeisterschaft in Lahti mit 200 Teams kamen die Nürnberger immerhin unter die 50 besten.
Die nationalen Titelkämpfe werden von Nürnberg Pölkky Veikot (NPV), den Pölkky Freunden aus der Noris, gemeinsam mit der Deutsch-Finischen Gesellschaft (DFG) Nürnberg veranstaltet. Im NPV haben sich bereits rund 150 Mölkky-Spieler aus der Region zusammengeschlossen.
Die Wurzeln des finnischen Outdoor-Wurfspiels reichen Jahrhunderte zurück. „Mölkky“ entwickelte sich aus dem Wurfspiel „Kyykka“, mit dem sich die Holzfäller in den tiefen Wäldern Kareliens sportlich maßen. Allerdings ist das Wurfholz mit einem Durchmesser von 55 bis 60 Millimetern und einer Länge von 22,5 Zentimetern bei Mölkky deutlich kleiner als bei seinem Vorläufer.
Ein langjähriges Mitglied der DFG hat Mölkky von einer Reise nach Finnland in die Region Nürnberg „eingeschleppt“. Inzwischen werden immer mehr Menschen von dieser, dem italienischen Boccia und dem französischen Boule ähnelnden Sportart infiziert. „Kein Wunder“, sagt die Vorsitzende der DFG Bayern, Mari Koskela: „Denn mitmachen kann jeder, man muss dazu nicht unbedingt körperlich topfit sein.“
Und so geht’s: Mit einem Wurfholz wird von einer Wurflinie aus auf zwölf nummerierte Kegel gezielt. Die umgeworfenen werden dort, wo sie zum Liegen gekommen sind, wieder aufgestellt, so dass sich das Spielfeld immer mehr in die Fläche ausweitet. Gewinner ist der Spieler, der als Erster 50 Punkte erzielt. Die Aufstellung der Kegel erfolgt nach einem exakten Schema in Form eines Dreiecks, wie es das Emblem der DMM zeigt. Wenn nur ein einziger Holzstift fällt, gilt die Punktezahl, die er repräsentiert; fallen mehrere, dann ergibt die Anzahl der gefallenen Kegel die Punktzahl. Beendet ist die Partie, sowie der erste Spieler exakt 50 Punkte erreicht hat. Wenn die Punktezahl die 50 überschreitet, dann fällt der Spieler zurück auf 25 Punkte.
Neben Wurftechnik und Treffsicherheit ist vor allem auch Taktik gefragt. Wann ist es besser auf nur ein einzelnes Holzpflöckchen zu zielen, und in welcher Konstellation ist es von Vorteil doch gleich mehrere auf einmal umzuwerfen? Und wie steht es bei den anderen Teams? Der besondere Reiz von Mölkky beseht darin, dass man, um zu gewinnen, neben Treffsicherheit zugleich jede Menge Fortune braucht.
Davon hat „Born to Mölkk“ diesmal wohl etwas zu wenig. Die Meister von 2011 landen heuer auf Platz 13 von 28 Teams. Ziemliches Mittelfeld. Die Enttäuschung aber hält sich in Grenzen. Man hat schließlich Pläne. „Wir sind gerade dabei, ein Kinderteam zu installieren“, verrät Katharina Kaiser. Ein sehr begabtes künftiges Mitglied, die 13-jährige Jana, trainiere schon jetzt mit Großen.
Auf den Spielfeldern liefern sich in einem atemberaubenden fesselnden Finale die fünf Besten des Turniers ein Kopf-an- Kopf-Rennen. Um zu siegen, müssen mindestens drei Spiele gewonnen werden. Da zittern die Hände, und die Nerven liegen blank. Kein Wunder, wenn in dieser angespannten Situation plötzlich die banalsten Würfe misslingen. Zwei der Teams liegen fast gleichauf. Es bleibt spannend bis zum letzen Wurf.
Am Ende reißen die Nürnberger „Men O’Mölkk“ die Arme hoch. Knapp gefolgt von Saksa Stixx ebenfalls aus Nürnberg. Als hätten sie es geahnt, sind Gabriele Köwener und Michael Kilger mit den Wohnwagen gekommen. Sie werden mit ihrem Team „Bengerdzradzn“ aus – man ahnt es schon – Nürnberg, Dritter, und das will gefeiert werden. „Da ist es gut, dass wir gleich hier übernachten können.“
Die weiteste Anfahrt hatten die Mölkky Royals und Aboa Mölkkeria aus Finnland. Herrliches Wetter, viel Spaß und eine großartige Stimmung; Toni und seine Mölkky-Freunde wollen auf jeden Fall im nächsten Jahr wiederkommen, genauso wie die slowakischen Alfa-Omega aus Bratislava und Brünn. Tervetuloa mukaani – willkommen, wir freuen uns auf euch!
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