Prostituiertenmorde in Nürnberg: Prozess beginnt heute
22.5.2018, 06:53 UhrSex-Videos voller Gewalt sollen ihn fasziniert haben – setzte Felix R. seine Fantasien auch grausam in die Tat um? Ab 22. Mai muss er sich vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworten, der 21-Jährige soll innerhalb weniger Tage zwei Frauen umgebracht haben.
Rückblick: Am 24. Mai 2017 wurde in der Regensburger Straße in der Nürnberger Südstadt eine Rumänin (22) stranguliert – die Polizei fuhr zunächst wegen eines Brandes zu dem Mehrfamilienhaus. Das Feuer wütete heftig, erst bei den Löscharbeiten wurde die tote Frau entdeckt; ihre Hände waren gefesselt.
Nur wenige Tage später, am 5. Juni 2017, Pfingstmontag, musste im Nürnberger Westen eine Chinesin (44) sterben – auch sie wurde in einem brennenden Haus gefunden und war in der Höfener Straße, in dem Apartment, in dem sie gearbeitet hatte, umgebracht worden.
Gleich nach dem ersten Gewaltverbrechen wurde die Sonderkommission "Himmel" gegründet, die Polizei ging von einem Serientäter aus. Am Freitag nach Pfingsten wurde Felix R. (21) in der Jakobstraße festgenommen, er war gerade auf dem Weg von der U-Bahn zu einem Computerspielladen. R. gehörte zum Obdachlosenmilieu, war polizeibekannt und lebte mit anderen Männern in einem Zimmer in einer Sozialpension – dort hatte er angeblich immer wieder Sexfilme mit buchstäblich fesselnden Liebesspielen angesehen. Die Frauen hatte er als Freier aufgesucht.
Wohl auch aufgrund dieser Vorgeschichte geht die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth in ihrer Anklage davon aus, dass Felix R. geplant hatte, die Huren während des Geschlechtsaktes zu erdrosseln — zu töten, um den Geschlechtstrieb zu befriedigen, dies ist auch im Schwurgericht, in dem Verhandlungen über Mord und Totschlag zum Alltag gehören, eine Randerscheinung.
Gefesselt und erdrosselt
Felix R. dagegen behauptete in Vernehmungen – zumindest sickerte dies durch, noch während die Polizei gegen ihn ermittelte –, dass die Fesselspiele eher nebensächlich gewesen seien. Er will mit den beiden Frauen erst während deren Liebesdiensten und allein wegen deren Bezahlung in Streit geraten zu sein. Zweimal Streit um den Lohn, zweimal eine gefesselte und erdrosselte Prostituierte in einer ausgebrannten Wohnung?
Um zu rekonstruieren, was sich in den beiden Modellwohnungen wirklich zugetragen hat, kalkuliert die Schwurgerichtskammer derzeit mit 15 Verhandlungstagen – wird dieser Terminplan eingehalten, könnte am 25. Juni das Urteil gesprochen werden.
Die Anklagebehörde geht davon aus, dass Felix R. die Frauen getötet und bestohlen hat – nach seinem ersten Mord nahm er 50 Euro Bargeld und das Mobiltelefon der Frau mit. Nach der zweiten Tat steckte er in der Wohnung der Chinesin 1020 Euro ein. Sie starb an den Folgen des Würgens sowie durch das Einatmen der Rauchgase. Eine der Frauen fesselte er mit Mullbinden, die andere mit ihren eigenen Wäschestücken. Jedes Mal zündete er die Betten der Frauen an, um Hinweise zu verwischen.
Verräterische Handy-Daten
Die Ermittler kamen ihm auf die Spur, weil er seine Kontaktdaten nach einem Anruf auf dem Handy der chinesischen Prostituierten hinterlassen hatte. Als die Polizei Felix R. festnahm, räumte er ein, an den Tatorten gewesen zu sein, als die Ermittler ihn mit den DNA-Ergebnissen konfrontierten, gab er zu, die Frauen getötet zu haben. Geplant will er die Morde nicht haben.
Doch ein Mord muss nicht ausführlich geplant werden, es sind vielmehr die Mordmerkmale, um die es im Strafgesetzbuch geht – ist eines erfüllt, liegt ein Mord vor, selbst wenn die Tat im Affekt geschah. Hier sieht die Staatsanwaltschaft gleich mehrere Mordmerkmale: Felix R. habe aus Habgier und heimtückisch gehandelt sowie zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs – obendrein, um sich selbst weitere Straftaten (die folgenden Diebstähle) zu ermöglichen.