Rechte Kundgebung: Stadt Nürnberg erteilt Redeverbot
14.8.2018, 06:00 UhrDer 61-Jährige ist bereits vor zweieinhalb Jahren aufgefallen, als er bei Pegida-Kundgebungen seinen Standpunkt zum Besten gab, den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglich und vor einer "Invasion von koranischer Seite" warnte, die westliche Werte gefährde. Das Ex-Mitglied der Rockband "Die groben Popen" hat seine Parolen auch bei einem Auftritt der Rechtspopulisten am Jakobsplatz im Januar 2016 unter das Volk gebracht.
Diese und andere volksverhetzenden Aussagen Ernst Crans wurden in der Verwaltung vermerkt und führten jetzt dazu, dass ihm die Stadt für die Kundgebung am Samstag ein Redeverbot erteilt hat, heißt es auf Anfrage im Ordnungsamt. Im Kooperationsgespräch mit den Anmeldern setzte die Behörde auch der vom "Bürgerbündnis" gewünschten Route eine Grenze. Die sollte vom Hauptmarkt über den Hefnersplatz, dann durch die Kaiserstraße und wieder zurück zum Hauptmarkt führen.
"Die Wegstrecke wurde aufgrund der schlechten Trennbarkeit der Versammlung und Gegenversammlung verändert", sagt Robert Pollack, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes. Außerdem sollte ein Lkw den Marsch durch die Innenstadt begleiten. Für die Behörde ausgeschlossen, da die Demo zur Haupteinkaufszeit in der Fußgängerzone stattfinden soll. So sieht nun die neue Strecke der Rechten aus: Die Auftaktveranstaltung (14 Uhr) findet auf dem Jakobsplatz statt. Dann ziehen die Teilnehmer (80 Personen sind angemeldet) weiter durch die Dr.-Kurt-Schumacher-Straße zum Hallplatz und von dort in die Königstraße zur Lorenzkirche, wo die Schlusskundgebung stattfinden soll. Hier ruft die Allianz gegen Rechtsextremismus um 15.30 Uhr zur Gegenkundgebung auf.
Wochenlang war unklar, ob es überhaupt eine Gegenveranstaltung geben wird. In einem offenen Brief hat das Nürnberger Bündnis Nazi-Stopp, das nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent der Gegen-Demos zu rechtsradikalen Kundgebungen organisiert hat, angekündigt, diesmal die Füße stillzuhalten. Das Bündnis gab an, seitens der Stadt ein entschiedenes Engagement gegen rechts zu vermissen. "In Städten wie Fürth und München ist es selbstverständlich, dass die dortigen Oberbürgermeister sich immer wieder an Straßenprotesten gegen rechte Demonstranten beteiligen. Dies wünschen wir uns künftig auch für Nürnberg", heißt es im Schreiben. Die Stadt wird darin aufgefordert, selbst zum Protest gegen rechts am 18. August zu mobilisieren.
Vorurteile und Gewalt
Auslöser dieser Haltung war der Neonazi-Aufmarsch am 30. Juni 2018. Rechtsextreme hetzten da gegen Jüdinnen und Juden, der Holocaust wurde geleugnet, für Hitlers "Mein Kampf" wurde geworben und auf offener Bühne der Hitlergruß gezeigt. Erstmals waren seit 2015 nach über 60 Gegen-Demos in Nürnberg die Nazi-Gegner in der Unterzahl. Im Nachgang schaltete sich auch der Zentralrat der Juden in Deutschland ein, beklagte die Untätigkeit von Polizei und Stadt (wir berichteten mehrfach).
In einem offenen Brief bat das Bündnis Nazistopp außerdem um ein Gespräch im Rathaus. Eine Einladung haben die Initiatoren bis heute nicht erhalten - und werden wohl auch keine bekommen. Warum? Auf NN-Anfrage sagt Oberbürgermeister Ulrich Maly dazu: "Ein offener Brief hat den Zweck, den Adressaten anzuklagen und anzuprangern. Darauf kann es keine Antwort geben." Außerdem könne und dürfe die Stadt selbst keine Kundgebung anmelden. Der OB verweist auf die Gegenveranstaltung der von ihm mitgegründeten Allianz gegen Rechtsextremismus.
Stephan Doll, Vorsitzender der Allianz, appelliert an die Vernunft: "Die demokratischen Kräfte sollten sich nicht auseinanderdividieren lassen." So etwas habe bereits in der Weimarer Republik dem Aufstieg der Nationalsozialisten geholfen. Die Gegenkundgebung am Samstag um 15.30 Uhr auf dem Lorenzer Platz steht unter dem Motto "Für Respekt und Menschenwürde". Das rechtsextreme "Bürgerbündnis Franken" schüre Vorurteile und Gewalt.