Steuerzahler sollen wieder bei Flughafen-Schulden ran
02.06.2014, 13:45 Uhr
Ist das jetzt der große Befreiungsschlag? Fakt ist, die finanzielle Not am Flughafen Nürnberg ist aktuell unverändert groß. Allen bisherigen Bemühungen zum Trotz hat der Airport auch 2013 wieder einen Verlust von rund 3,8 Mio. € eingeflogen, erklärten mit der Sache vertraute Experten.
2,47 Mio., 8,36 Mio., 3,12 Mio., 4,8 Mio. und 1,86 Mio. € lautet die finstere Zahlenreihe für die Jahre davor bis 2008. Das hat dazu geführt, dass der Flughafen schon 2012 auf einem Schuldenberg von rund 130 Mio. € saß und knapp 6,8 Mio. € nur für Zinszahlungen aufbringen musste.
Dieser Klotz am Bein aber soll künftig leichter werden. 2011 hatten Stadt Nürnberg und Freistaat Bayern, denen der Airport zu gleichen Teilen gehört, ihrer gemeinsamen Tochter schon einmal mit je 20 Mio. € per Einlage ausgeholfen. Jetzt soll der Steuerzahler wieder ran. Darauf haben sich die beiden Gesellschafter nach langen Gesprächen im Kern geeinigt, wobei laut Insidern eine Teilübernahme des Schuldenbergs als Option favorisiert wird. Über die genaue Höhe wird noch verhandelt, der wohlhabende Freistaat soll zu einer größeren Summe tendieren als die Stadt. Ein Betrag zwischen 25 und 40 Mio. € gilt als denkbar, was auf Basis der 2012er Zahlen etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtschulden entspräche.
Zwei Hindernisse gilt es zu überwinden
Zwei wesentliche Hürden gilt es zuvor noch zu nehmen: Zum einen die Frage, ob sich der Plan so umsetzen lässt, dass die Wettbewerbshüter der EU-Kommission nicht dazwischenfunken. Die Brüsseler Behörde hat gerade erst im Februar die „EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen“ verschärft. Da aber auch Ausnahmen für Airports mit besonders hoher Bedeutung für eine Region vorgesehen sind und die Möglichkeit, „im Einzelfall die Finanzierung eines Teils der Kapitalkosten“ zu übernehmen, sogar ausdrücklich genannt wird, sollte sich für die Juristen hier eine wasserdichte Formulierung für den wichtigsten Flughafen Nordbayerns finden lassen.
Die höhere Hürde dürften die Banken sein. Denn den Gesellschaftern schwebt offenbar vor, die Schulden nicht einfach in die eigenen Bücher zu übertragen, sondern dem Airport Geld zu überweisen, mit dem dieser dann laufende Kredite vorzeitig ablöst. Das Interesse der Geldhäuser, dabei mitzuspielen, soll bisher jedoch überschaubar sein. Sie müssten auf langfristige sichere Zinszahlungen verzichten. Dass einige der beteiligten Banken ihre heutige Existenz selber nur der Rettung durch Steuergelder verdanken: scheinbar vergessen.
Letztlich aber, da geben sich alle Akteure überzeugt, wird man eine endgültige Lösung finden, möglichst noch vor der Sommerpause — und der Flughafen hätte auf einen Schlag jedes Jahr einige Millionen mehr zur Verfügung, die er nicht mehr dem Schuldendienst opfern müsste. Und im operativen Geschäft sehen die Zahlen jetzt schon weniger dramatisch, wenn auch keineswegs gut aus.
Hoffnungsträger Hupe
Wirkt die Finanzspritze, könnte der Airport mit ein bisschen Glück tatsächlich die Krankenstation verlassen und mit der Reha beginnen. Wie die anschlägt, hängt dann wesentlich von einem Mann ab: dem nicht mehr ganz, aber immer noch relativ neuen Airport- Chef Michael Hupe, seit November 2013 im Amt.
Der 49-Jährige musste in seinen ersten Monaten mehrfach die Erfahrung machen, dass sein neuer Job oft ziemlich spaßbefreit daherkommt. Mit den Gesellschaftern etwa knirschte es vernehmlich, als Hupe in einem NN-Interview offensiv genau jene Entlastung bei den Schulden einforderte, die es jetzt geben soll. Für Irritationen nicht zuletzt in der verunsicherten Belegschaft sorgt zudem, dass Hupe selbst nach fränkischen Maßstäben kein großer Kommunikator ist, sich selten erklärt. Das macht natürlich angreifbar, und der Airport-Chef muss dann auch liefern, soll sich das nicht gegen ihn wenden.
Die frohe Kunde ist: Das scheint Hupe zu können. Von den 20 Punkten beispielsweise, die das ein Jahr alte, von Finanzminister Markus Söder initiierte Entwicklungskonzept auflistet, sind sieben bereits umgesetzt oder in der Umsetzung, andere in der konkreten Vorbereitung. Das Konzept will der 49-Jährige außerdem um weitere Aspekte ergänzen.
Noch wichtiger: Auch das ungenutzte Passagierpotenzial von 1,9 Millionen Fluggästen, die Studien dem Flughafen im Einzugsgebiet bescheinigen, kann Hupe in den Gesprächen mit den Airlines nach Stand der Dinge fruchtbar anbringen. Es ist nicht spruchreif und die Branche launig, aber sogar ein Comeback des Air-Berlin-Drehkreuzes in kleinerer Variante ist zum Winter denkbar, sagen mit den Vorgängen vertraute Personen.
Die Verhandlungen über neue Ziele in Osteuropa laufen demnach ebenfalls vielversprechend. Keine Überraschung wäre zudem, wenn Ryanair zumindest die jüngst eingestellte, zuvor aber eigentlich gut ausgelastete Porto- Strecke wiederbelebt, sobald der Billigflieger von Boeing die nächste Fuhre Flieger erhält.
Hupe könnte so auch die skeptische Grundstimmung drehen, die im Umfeld des Flughafens nach den vielen Hiobsbotschaften der vergangenen Jahre herrscht — was wiederum die Bereitschaft der Mitarbeiter steigern dürfte, mit einem zweiten Sanierungstarifvertrag noch einmal einen Beitrag zur Genesung des Airports zu leisten. Die Gespräche darüber sollen in Kürze aufgenommen werden.
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