Tausche Zigaretten gegen Fichtenholz

24.2.2014, 07:00 Uhr
Tausche Zigaretten gegen Fichtenholz

© Gnad

Hinter der Stromgitarren-Schau steht ein kleiner Verein, der ein ambitioniertes Projekt vorantreibt: Die „Vision Bubenreutheum“ will in Bubenreuth ein Museum eröffnen, das sich mit der hochinteressanten Geschichte der Ortschaft nach dem Zweiten Weltkrieg befasst.

Ende der 40er Jahre waren 2000 heimatvertriebene Instrumentenbauer aus dem Egerland in die gerade einmal 500 Bewohner zählende fränkische Gemeinde gekommen – und stampften dort eine Musikindustrie aus dem Boden, die vor allem in den 50er und 60er Jahren boomte und den Ort bei Erlangen als exquisite Schmiede für Streich- und Zupfinstrumente weltweit bekannt machte.

Angefeuert wurde der Erfolg nicht zuletzt durch die Beatles, die in ihren Hamburger Tagen auf die Instrumente der Bubenreuther Firma Höfner gestoßen waren. Paul McCartney spielt bis heute das leichte, untrennbar mit ihm verbundene Höfner-Modell. Mag der Pop eine große Schubkraft für die fränkischen Werkstätten entwickelt haben, so kamen die Instrumente „Made in Bubenreuth“ jedoch stilübergreifend zum Einsatz – von Klassik bis Jazz, von Schlager bis Rock.

Auf die Blütezeit, die parallel zum deutschen Wirtschaftswunder stattfand, folgte in den 70er Jahren ein Einbruch, als asiatische Firmen mit preiswerteren Modellen und billigeren Produktionsmöglichkeiten auf den Markt drängten. Nichtsdestotrotz hat der Instrumentenbau in Bubenreuth bis heute überlebt. Und der Ruf, der den Franken vorauseilt, ist nach wie vor tadellos. So bestellte der König von Thailand erst vor ein paar Jahren für sein Militärorchester eine komplette Streichinstrumentenausstattung.

„Mit den Heimatvertriebenen ist damals ein komplettes bestehendes System aus der alten Geigenbauerstadt Schönbach im Sudetenland nach Franken umgesiedelt“, erzählt Thomas Dotzauer, selbst Mandolinenbauer in der fünften Generation. Holz- und Lackhändler, Stegbauer und Saitenfabrikanten kannten sich bereits aus der alten Heimat. Gefertigt wurde viel in Heimarbeit, die Wege waren kurz.

Als später die Amerikaner mit ihren Panzern zu Manövern ausrollten, sahen die Soldaten durch die Fenster die Instrumente – und kamen am Abend wieder. Getauscht wurde gegen Lucky Strike-Zigaretten, eine beliebte Nachkriegs-Währung, mit der die Egerländer wiederum im Bayerischen Wald feinstes Fichtenholz für die Produktion neuer Mandolinenhälse einkaufen konnten. „Ich hab’ selbst noch Holz aus dieser Zeit auf dem Dachboden liegen“, nickt Dotzauer.

Musik und Integration

Bemerkenswert ist, dass die Heimatvertriebenen dem Ort Bubenreuth damals nicht einfach zugeteilt wurden, sondern dass sich die Einwohner per Abstimmung bewusst für die Neuankömmlinge entschieden und ihnen in ihrer Mitte einen Neuanfang ermöglichten. Deshalb ist „Integration“ neben „Musik“ der zweite große Pfeiler und Interessensschwerpunkt des „Vision Bubenreutheum e. V.“.

Geschichten wie diese sind aber nur der Hintergrund – das, was alles hinter den „Stromgitarren aus Franken“ steht und schlummert. Die Schau in Nürnberg beschränkt sich jedoch auf ausgewählte Gitarren, über denen als unsichtbare Überschrift das beliebte Wörtchen „Vintage“ schwebt. Zu sehen sind Meisterinstrumente, Sammlerstücke und Einzelanfertigungen aus den 1950er und 60er Jahren, darunter eine viersaitige Gitarre, die exklusiv für die Kinofilme des deutschen Rock’n’Roller Peter Kraus gebaut wurde („Alle lieben Peter“) oder ein Höfner-Bass im Union Jack-Design, den Paul McCartney beim 60. Thronjubiläum der Queen gespielt hat. Wer mehr über die Geschichten hinter den Gitarren erfahren will, muss nach Bubenreuth fahren. „Wir sind dran an unserem Museum“, verspricht Peter Bradler.

Die Ausstellung „Stromgitarren aus Franken“ ist bis 14. März im Foyer der Handwerkskammer für Mittelfranken, Sulzbacher Straße 11, zu sehen. Öffnungszeiten Mo-Do 7.30–17, Fr bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.

www.bubenreutheum.de

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