Tiergarten räumt zu optimistische Prognose bei Lagune ein
27.8.2014, 06:00 UhrBei der Finanzierung der 2011 in Betrieb genommenen Delfinlagune hatte man 1,18 Millionen Gäste als Grundlage angenommen, um die fälligen Kredite zu bedienen. Doch nach dem Boom zur Eröffnung folgten herbe Rückschläge: 2012 kamen nur 1,09 Millionen, im vergangenen Jahr wurde gar die Millionengrenze knapp verpasst. Bislang sind 2014 rund 775.000 Interessierte gekommen. Das liegt zwar um 32.000 Personen höher als im schlechten Jahr 2013, aber mit minus 18.000 Menschen noch deutlich unter dem aussagekräftigeren Fünf-Jahres-Schnitt.
Potenzial ausgeschöpft
Natürlich können sich die Zahlen bei einem sonnigen Herbst noch deutlich nach oben entwickeln. Aber an das Erreichen der 1,18-Millionen-Hürde glaubt Encke nicht mehr: „Eine Million Gäste im Schnitt ist eine realistischere Einschätzung.“ Der Biologe musste einsehen, dass der Bau der Lagune keinen dauerhaften Besucherschub gebracht hat. Er spricht „nicht von Enttäuschung, sondern von der Erkenntnis, dass das Potenzial an Gästen bei den Delfinen ausgeschöpft ist“.
Die korrigierte Kalkulation hat natürlich Auswirkungen auf künftige Vorhaben. Entweder verschieben sich die Maßnahmen oder sie müssen über Drittmittel finanziert werden. So hofft der Tiergarten bis Ende September auf einen positiven Bescheid für den Umbau des einstigen Flusspferdhauses zum Wüstenhaus: Die Hälfte des 1,8-Millionen-Euro-Projekts soll von der EU kommen, einen weiteren großen Brocken hat der Verein der Tiergartenfreunde zugesagt.
Mit 200.000 Euro würde sich auch Sponsor Jako-o engagieren. In dem Wüstenhaus sollen künftig Pillendreher und andere Käfer, Exemplare der Fetten Sandratte sowie Echsen leben. Die Gefahr, dass die rund 1500 Pillendreher nur als Futterquelle für die anderen Bewohner dienen, sieht Encke nicht: „Sie schmecken den Echsen nicht, die spuken sie wieder aus.“
Der Biologe will auf die enorme Bedeutung der Käfer hinweisen - als Beseitiger von Kot: „So viel Hundedreck kann Sör gar nicht wegräumen, wie Mistkäfer auch in Nürnberg in den Boden einarbeiten.“ Ohne die ununterbrochene Arbeit der kleinen Krabbler würden auch die Huftiere in den afrikanischen Nationalparks im Kot einsinken.
Neben den pädagogischen Erklärungen, die in einem neuen Schulungszentrum vertieft werden, setzt Encke auf die energetische Sanierung des denkmalgeschützten einstigen Flusspferdhauses: Es soll als Passivhaus Maßstäbe setzen - immerhin sind in dem 160 Quadratmeter großen Gebäude Tiere untergebracht, die auf bis zu 65 Grad Celsius Wärme angewiesen sind. Den Passivhaus-Standard trotzdem zu erreichen, ist eine große Herausforderung für die Planer.
Ein Höhepunkt war heuer aus Sicht des Tiergartens die wissenschaftliche Tagung des Vereins Yaqu Pacha zu Problemen von Delfinen in Südamerika. Experten berichteten vor 65 Biologie-Studenten und Professoren von ihren Forschungen zur Amphibienkrise in Brasilien, zu bedrohten Küstenottern in Peru und zu Zukunftsperspektiven für den La-Plata-Delfin.
Mühsamer Artenschutz
„Das Echo der Teilnehmer war überwältigend positiv, wir haben begeisterte Rückmeldungen bekommen“, berichtet Encke. Die Forscher hätten eines ganz deutlich gemacht: „Artenschutz ist langfristig, mühsam, schwierig und immer wieder auch von Rückschlägen geprägt.“ Doch es gebe keine Alternative zu diesem Einsatz. Trotz des großen Aufwands soll die Tagung in zwei Jahren wieder am Schmausenbuck stattfinden.
Auch wenn die erhoffte Besucherzahl 2014 voraussichtlich wieder nicht erreicht wird, so verweist der Tiergarten-Direktor darauf, dass mittlerweile bis zu 75 Prozent des jährlichen Zehn-Millionen-Euro-Haushalts durch eigene Einnahmen gedeckt werden. Früher hatte die Einrichtung ihr Budget lediglich zu gut 50 Prozent selbst erwirtschaftet.
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