Unterkünfte voll: Immer mehr Obdachlose in Nürnberg
22.1.2018, 05:04 UhrWenn um 18.30 Uhr die Notschlafstelle im Domus Misericordiae der Caritas in der Pirckheimerstraße öffnet, stehen schon die ersten Männer da und warten. Ein Abendessen, die Möglichkeit, Wäsche zu waschen, ein Frühstück - vor allem ein Bett für die Nacht treibt die Männer hierher. "Als es am Mittwoch zu schneien begann, waren wir nachts wieder voll", sagt der Leiter der Einrichtung, Ulrich Süttner. Die sechs Notbetten, die man im Bedarfsfall auch noch aufstellen könnte, habe man in diesem Winter bislang aber noch nicht gebraucht, so Süttner weiter.
Das Nachtasyl in der Pirckheimerstraße ist nur ein Mosaikstein der Obdachlosenhilfe in der Stadt. Wohnungslose können im Haus Großweidenmühlstraße, im Sleep-in an der Vorderen Sterngasse und in der Hängematte in der Tafelfeldstraße unterkommen. Insgesamt stehen alleine in der städtischen Notschlafstelle in der Großweidenmühle, bei der Heilsarmee und im Domus Misericordiae der Caritas rund 100 Plätze zur Verfügung, hinzu kommen Schlafplätze im Tucherbräu.
Laut aktuellem Wohnungsbericht der Stadt Nürnberg waren Ende 2016 immerhin 8288 Haushalte bei der kommunalen Wohnungsvermittlung als wohnungssuchend gemeldet. Dabei ist die Not vor allem ein Phänomen der Großstadt: In München waren Anfang 2017 dreimal mehr Menschen wohnungslos als noch 2008, insgesamt mehr als 7500. Und in Nürnberg sind inzwischen mehr als 1800 Menschen "ordnungsrechtlich" in kommunalen Wohnungen, Pensionen oder Heimen untergebracht. Denn die Stadt ist verpflichtet, wohnungslose Menschen aufzufangen. Zwischen September 2016 und September 2017 stieg deren Zahl um gut acht Prozent.
Laut einem Bericht der Regierung zur sozialen Lage in Bayern leben annähernd 60 Prozent der Wohnungslosen in Oberbayern - in Mittelfranken immerhin 19 Prozent. Die Zahlen des im vergangenen Jahr vorgelegten Berichts stammen zwar von 2014, aber ein Blick in die Hilfseinrichtungen zeigt, dass sich die Lage nicht gebessert hat. So gibt alleine die Ökumenische Wärmestube von Caritas und Stadtmission täglich 150 bis 200 Mittagessen aus - doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Und die Notunterkünfte sind längst nicht mehr nur im Winter, sondern auch während der warmen Sommermonate gut besucht.
Entspanntere Lage
Dennoch: Beim Thema Notschlafstellen fühlt sich die Stadtverwaltung gut aufgestellt. Es müsse niemand auf der Straße übernachten, wie es erst vor kurzem wieder aus dem Sozialamt hieß. Eine Einschätzung, die auch Frank Hummert, Sprecher der Heilsarmee in Nürnberg, teilt. "Wir sind zwar voll belegt, aber nicht überbelegt." Auch weil die Heilsarmee 2015 immerhin 30 zusätzliche Plätze in Gostenhof geschaffen hatte. "Das hat die Lage schon entspannt", sagt denn auch Peter Mertel von der Großweidenmühle, die zurzeit ebenfalls gut besucht ist.
"Kältebusse" wie in München und Berlin, in denen Obdachlose etwas Warmes zu essen und Kleidung bekommen oder in eine Unterkunft gebracht werden, wenn sie selbst dazu nicht in der Lage sind, sind für Frank Hummert von der Heilsarmee kein Modell für Nürnberg. "Bei uns sind die Weg sehr kurz, auch sind die Einrichtungen wirklich gut vernetzt." Der Bedarf sei nicht vorhanden, so Hummert.
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