Von der Leyen trommelt für ihr Bildungspaket
19.11.2010, 18:08 UhrSie kam, um für ihr Bildungspaket zu trommeln. Bei einer Kinder-Übungsstunde der Nürnberger Symphoniker hatte sie schon mal üben können: Trotz Widerständen im Bundesrat hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Freitag in Nürnberg an Kommunen und Jobcenter appelliert, beim Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien wenigstens ein Grundangebot bis zum 1. Januar 2011 bereitzustellen. Von der Leyen hatte sich in der SPD-regierten fränkischen Halbmillionenstadt über die dortigen Förderprojekte für Hartz-IV-Familien informiert.
Die Arbeitsministerin räumte zwar ein, dass die Zeit bis zum Jahreswechsel „wahnsinnig knapp“ sei. „Aber das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken“, fügte sie in einem Gespräch mit Nürnberger und Fürther Sozialpolitikern und Sozialarbeitern hinzu. Das Bildungspaket bis zum Jahresanfang 2011 umzusetzen, sei „eine Herkulesaufgabe, aber ein heilsamer Druck“, betonte die Ministerin. In den Genuss des Bildungspakets sollen nach den Plänen der Bundesregierung vom 1. Januar an mehr als 1,7 Millionen Kinder von Hartz-IV-Beziehern kommen. Damit soll es auch bedürftigen Kindern ermöglicht werden, einem Sportverein anzugehören oder eine Musikschule zu besuchen, an Klassenfahrten teilzunehmen und ein warmes Schulmittagessen zu bekommen.
Weiter sagte die Ministerin, auch bei der Bundesagentur und den Kommunalen Spitzenverbänden habe es gegenüber dem Bildungspaket anfangs viel Skepsis gegeben. „Jetzt begreifen auch sie es als Chance.“ Den Hinweis, die Zeit sei kurz, um alle strittigen Fragen zu klären, lasse sie nicht gelten. „Selbst wenn wir noch zweieinhalb Jahre Zeit für die Umsetzung der Bildungspaket-Pläne hätten, hätten wir zweieinhalb Jahre Streit wie die Kesselflicker“ gab von der Leyen zu bedenken.
Bei Nürnberger Kommunalpolitikern konnte sie dennoch nicht alle Zweifel ausräumen. So befürchtet der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), dass das Bildungspaket des Bundes erfolgreiche kommunale Projekte für einkommensschwächere Familien in den Hintergrund drängt. Als Beispiel nannte er die sogenannte NürnbergCard, die auch Hartz-IV-Familien in zahlreichen Einrichtungen der Stadt Vergünstigungen einräumt. „Machen Sie das Bildungspaket unter Einbeziehung kommunaler Projekte“, appellierte das sozialdemokratische Stadtoberhaupt an die CDU-Ministerin.
Die Städte Nürnberg und Fürth praktizieren derweil im Schulterschluss mit der bayerischen Arbeitsministerin Christine Haderthauer (CSU) seit Juli eher ein Gegenmodell zum Bildungspaket der Bundesregierung. In beiden Städten werden Hartz-IV-Familien im Rahmen sogenannter Tandemprojekte gemeinsam von Jobcenter- und Jugendamts-Mitarbeiterin betreut. Helfen Sozialarbeiter den oft gestrauchelten Familien wieder auf die Beine, so sorgen Jobvermittler dafür, dass eines oder sogar beide Elternteile wieder fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden.
Profitieren sollen davon vor allem die Kinder. Eher ein Bildungspaket-nahes Modell erlebte von der Leyen am Freitag bei den Nürnberger Symphonikern. Bei einer Kinderprobe konnte sie erleben, wie Drittklässlern einer Nürnberger Schule Lust auf gemeinsames Musizieren gemacht wurde. Mit selbst gebastelten Musikinstrumenten wie Blumentopf-Trommeln, Walnuss-Kastagnetten und Dosenharfen übten sie die Nussknacker-Suite ein. Von der Leyen ließ sich von der Musikpädagogin Dorothea Eszterguly nicht lange bitten, mitzumusizieren – mit einer Blumentopf-Trommel auf dem Schoß. Intendant Lucius H. Hemmer hofft derweil, das Angebot mit Bildungspaket-Mitteln auf breitere Basis stellen zu können.