Werkeln zum Nutzen der Mitmenschen
21.11.2012, 00:00 UhrSo etwas hat Kevin Deinlein von der Dr.-Theo-Schöller-Schule bisher noch nie gebaut: Erst wurden die zugeschnittenen Aluminiumprofile gefeilt, dann verschraubt — und heraus kam nach nur zwei Tagen in der Lehrwerkstatt ein höhenverstellbares und kippbares Tischchen. Damit sollen die knapp 20 körperlich beeinträchtigten Menschen, die bei Staedtler verpacken und dicke Marker per Hand produzieren, künftig angenehmer arbeiten können.
Kevin war einer der Teilnehmer an einem Schülerprojekt, das 13 Mittelschülern den Weg zum Ausbildungsplatz ebnen soll. „2000 Mittelschüler finden allein in Nürnberg jedes Jahr keinen Ausbildungsplatz“, sagte Reinhard Bauer, Initiator des Projekts. Sie erhalten die Chance, auch mit womöglich schlechteren Noten persönlich durch ihre Eignung und ihr Engagement einen guten Eindruck bei einem möglichen Ausbildungsbetrieb zu hinterlassen. Von Stress und Leistungsdruck ist aber nichts zu spüren, eher von echtem Interesse und von Stolz auf das eigene fertige Produkt.
Maschine lohnt nicht
Doch nicht nur den Beruf des Industriemechanikers lernten die Jugendlichen bei Staedtler kennen. Denn in dem Unternehmen arbeitet schon seit knapp einem Jahr eine Gruppe von Behinderten der Werkstatt für Behinderte der Stadt Nürnberg (WfB). Sie stellen Stifte her, deren Stückzahl so klein ist, dass sich störanfällige Maschinen in der Produktion nicht lohnen. Dazu bestücken sie die Plastikhüllen mit Saugmaterial, füllen Tinte ein, stecken eine Spitze in den Stift und befestigen diese mit einem Nagel.
Bessere Haltung
Jeder Arbeiter holt sich dabei das jeweils benötigte Teil aus einer Kiste — und genau diese steht auf einem Tisch seitlich des Arbeitsplatzes. Diese Metallgestelle sind bisher nicht höhenverstellbar und auch nicht neigbar. Wer überdurchschnittlich groß oder klein ist, nimmt beim Zugreifen automatisch eine gekrümmte Haltung ein, die der Rücken spätestens am Abend moniert. Das ändert sich nun definitiv mit den Erzeugnissen der Mittelschüler.
Das registrieren sie sehr genau und „außerdem ist es gut, dass sie nicht nur die Leistungsgesellschaft kennenlernen, sondern auch die soziale Seite“, sagte Torsten Kuntze, Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung von der WfB, der die behinderten Arbeitskräfte bei Staedtler betreut. Auch das Unternehmen erkannte diese doppelte Qualifizierungschance. „Wir wussten eigentlich gleich, dass die Schüler etwas für die WfB anfertigen sollen“, erklärt Ausbildungsleiterin Renate Seischab von Staedtler. So entstand die Idee mit dem Pult.
Am Ende hatten alle etwas davon: Das Unternehmen lernte potenzielle künftige Fachkräfte kennen, die Schüler bekamen die Chance, sich für eine Stelle zu präsentieren und lernten Inklusion kennen. Und die Behinderten profitierten, indem sie den Rücken nicht mehr krummmachen müssen.
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