Auerbach ist „Elendsviertel fürs verstoßene Volk“

12.10.2014, 18:41 Uhr
Auerbach ist „Elendsviertel fürs verstoßene Volk“

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Auerbach ist „Elendsviertel fürs verstoßene Volk“

© Fotos: Brigitte Grüner

Mitreißende Musik und wohl durchdachte, mit spitzer Zunge vorgetragene Textbeiträge wechselten sich im vielfältigen Programm ab. Erst kurz nach 23 Uhr verließ die Gruppe die Bühne der Helmut-Ott-Halle. Viele Zuhörer urteilten später „Ich habe lange nicht mehr so gelacht!“ Dass dies so war, ist dem schöpferischen Kopf der Altneihaus er aus Windischeschenbach, Norbert Neugirg, zu verdanken.

Der 54-Jährige schreibt die Texte und trägt seine scharfzüngigen Bemerkungen mit stoischem Ernst vor. Etwa zwei Tage lang hat er sich im Vorfeld mit Auerbach befasst. Dabei hat er nicht nur im Internet recherchiert. Die städtische Homepage und die Internetseite der Tageszeitung lieferten ihm einiges an Wissen über aktuelle Themen. Den Rest erledigten Kontaktpersonen.

Neugirg ist der einzige „Profi“ in der Gruppe. Er textet und schreibt Bücher, während die übrigen „Feierwehrkapelln“-Mitglieder einen „normalen“ Beruf ausüben und nur in der Freizeit als Klamauk-Musiker unterwegs sind. „Es macht einfach Spaß“, sagt Waldhornspieler Stefan Schricker, der von Anfang an dabei ist.

Schon immer alt ausgesehen

1985 hat er mit ein paar Kumpels eine Showeinlage für eine Faschingsveranstaltung vorbereitet. Als es um die Kostümierung ging, fiel die Wahl auf historische Feuerwehruniformen. Diese sind bis heute das Markenzeichen der Formation geblieben. Und die Männer sind sich des angenehmen Nebeneffekts ihres ungewöhnlichen Bühnenoutfits durchaus bewusst: „Die Kapelle altert nicht, weil sie schon immer alt ausgesehen hat.“

Als Feierwehrkapelln füllt die Gruppe Hallen und Festzelte und bringt darüber hinaus die Fernsehzuschauer zum Lachen. Durchschnittlich 30 Auftritte im Jahr werden gespielt. Trotz diverser Spitzen gegen die Franken sind die Altneihauser gerne gesehene Gäste bei der legendären „Fastnacht in Franken“. Die Zielsetzung für die sympathische Mannschaft um Kommandant Norbert Neugirg ist klar: „Wir sticheln so lange gegen die Franken, bis sie uns vor laufenden Kameras aus der Sendung vertreiben. Dann sind wir unsterblich!“

Für ihre Zuhörer sind die neun „g’standenen“ Mannsbilder heute schon unsterblich oder zumindest unvergessen. „Hatte zusammen mit meiner Familie riesigen Spaß. Ich danke für den kurzweiligen Lachabend“, mit diesen Worten trug sich ein Mann aus Vilseck nach der Heimkehr in das Gästebuch auf www.altneihauser.de ein.

Die Helmut-Ott-Halle war bis auf den letzten Tribünenplatz gefüllt. Viele Auerbacher waren da, aber auch Gäste aus allen Nachbarlandkreisen – sogar aus den fränkischen Gebieten. Die Karten waren innerhalb von vier Wochen restlos ausverkauft gewesen.

Die kleinen Teile des Stiers

Die Altneihauser beherrschen ihre Instrumente bestens, die eingespielten Titel kommen punktgenau und ohne offensichtliche Absprache. Der Kommandant hält dazwischen seine Monologe. Sein Humor ist staubtrocken, die Pointen wohl überlegt. „Auerbach gibt’s auf der Welt nur, weil das Kloster Michelfeld die Auffälligen, die man so kannte aus Michelfeld verbannte und für das Volk, das man verstieß, ein Elendsviertel gründen ließ.“

In gereimter Form widmet sich Neugirg der Gründung Auerbachs ebenso wie dem eingestrickten Auerochsen mit seinen der „Zugluft ausgesetzten Teilen, was bei Damen, die vorm Stier verweilen, mit Blick zum Schritt zu Mitleid führt, drum hat ein Strickkreis sich formiert“.

Philosophiert wird auch über den denkmalgeschützten Ruderstadel, „der vor 14 Jahren nieder brannte, weil die Feuerwehr zu spät erkannte, dass es dem Denkmalschutz zur Ehre sinnvoller gewesen wäre, der Feuersbrunst zu applaudieren statt die Schläuche einzuschmieren“.

Der Abend mit der Altneihauser Feierwehrkapelln war zweifelsohne ein Höhepunkt im Kulturkalender zur 700-Jahrfeier. Für die Oberpfälzer vielleicht mehr als für die Franken. Denn – so Norbert Neugirg: „Obwohl’s in Pegnitz schöner wär’, mussten wir zu ihnen her, doch auch Auerbach ist’s wert, dass man kommt und wieder fährt. Der Himmel möge sich der armen Franken hier im Saal erbarmen und die Oberpfalz vor den Personen, die in Franken wohnen, stets verschonen. Der Herr sende der Rathaus-Führung und dem Bürgermeister Orientierung, auf dass der Mann nicht wieder so erschrickt, wenn der Strickkreis was fürs Weichteil strickt, der Himmel möge die Sparkassen-Vorstände erleuchten, sie seh’n so aus, als ob sie’s bräuchten!“

Auf der Internetseite www.altneihauser.de gibt es Restkarten, etwa für den Auftritt am 31. Oktober im Bayreuther Herzogkeller.

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