Journalistin auf der Wortwalz zieht durchs Land
8.8.2014, 23:36 UhrNoch drei Hügel, dann habe ich es geschafft. Immer wieder schiebt sich das idyllische Panorama von Pegnitz in mein Blickfeld – und verschwindet sogleich hinter der nächsten Kuppe. Es ist zum Verrücktwerden. Seit sechs Uhr in der Früh radele ich auf einem Fahrrad ohne Gangschaltung auf Oberfranken zu, bald 100 Kilometer habe ich auf dem Buckel. Und dazu noch meinen viel zu schweren Wanderrucksack. Als ich die Pegnitzer Redaktionsräume der Nordbayerischen Nachrichten und des Nordbayerischen Kuriers abends verschwitzt erreiche, bin ich erleichtert. Ich habe zwei Nächte im Wald geschlafen und sehe etwas verwahrlost aus. Die zwei Kollegen staunen über mein Anliegen, aber erklären sich sofort bereit: Ja, ich darf hier in der Lokalredaktion mitarbeiten, kann bei Redakteuren unterkommen und werde versorgt. Das Konzept der Wortwalz geht mal wieder auf.
Die Idee dahinter ist einfach: Einen Sommer lang laufe, trampe und reise ich durch Deutschland und biete meine Arbeit gegen Kost und Logis – und zu den örtlichen Journalistenhonoraren – in Lokalredaktionen an. Als Reporterin ziehe ich durchs Land und mache eine Art Gesellenwanderung durch den Lokaljournalismus. Ich will wissen, welche Besonderheiten es gibt, wie zum Beispiel hier in Pegnitz: zwei Lokalredaktionen in gemeinsamen Redaktionsräumen.
Auf meiner Internetseite www.wortwalz.de führe ich Tagebuch über die Reise und zeige Beispiele, wie lokale Berichterstattung funktioniert. An der deutschen Journalistenschule, wo ich zuvor in München als Redakteurin ausgebildet wurde, haben stets alle gesagt: „Journalismus ist ein Handwerk.“ Das will ich jetzt überprüfen und bei verschiedenen Meistern meiner Zunft dazulernen. Zweite Station auf meiner Reise ist nun Pegnitz.
Auch wenn ich keine echte Wandergesellin bin, halte ich mich an die Regeln der Walz: Kein Handy, kein Laptop und kein Geld für Zugreisen oder Hotelzimmer ausgeben zu dürfen. Bisher hat das erstaunlich gut geklappt. Ich bin überwältigt von der Großzügigkeit und Gastfreundschaft, die mir überall entgegenschlägt. Fremde Leute laden mich zum Essen ein, Redakteure öffnen ihre Gästezimmer und bald auch ihre Herzen für mich. Eine Frau auf der Straße schenkt mir ein Moskito-Armband, das mich vor Mückenstichen schützen soll. Und ein Blogger aus Ingolstadt überlässt mir prompt ein wunderschönes altes Ein-Gang-Fahrrad. Unter Gesellen heißt es: „Was von Herzen gegeben wird, wird von Herzen genommen“, und so radele ich nun vergnügt auf dem Ding durch die hügelige Region.
Hier in Pegnitz habe ich inzwischen gelernt, wie viel sich die Journalistenkollegen untereinander abstimmen müssen. Etwa acht Zeitungsseiten müssen die Redakteurinnen und Redakteure täglich füllen und sie dürfen dabei keine kleine Lokalmeldung vergessen. Den Lesern ist wichtig, was vor Ort passiert und sollte sich mal ein Tippfehler einschleichen, kommt bald die Leserpost. Erst seit ich begonnen habe, mich zu Fuß und mit dem Rad durch die jeweiligen Zeitungskreise zu bewegen, ist mir aufgefallen, wie groß die Einzugskreise der Lokalredaktionen sind.
Hier vor Ort finde ich vor allem die alten Traditionen spannend. Noch nie zuvor habe ich vom Flindern gehört. Auch das Thema Monstertrasse ist für mich neu (siehe links). Vielleicht schaffe ich es noch zu den Bayreuther Festspielen. Wie und wo es weitergeht, weiß ich noch nicht. Das gehört ja zum Prinzip der Wortwalz, seit ich vor gut einer Woche nach alter Gesellentradition über das Münchner Ortsschild geklettert bin: Sich einfach mal fallenlassen.
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