Landrat fordert schärfere Umweltprüfung für Monstertrassen
23.5.2014, 17:47 UhrDie Bundesnetzagentur hat im Untersuchungsrahmen für die Umweltprüfung die einzelnen Kriterien („Schutzgüter") mit „hoch", „mittel" und „-„ bewertet. „Meines Erachtens müssen mehrere angehoben werden", fordert der Landrat in seiner schriftlichen Stellungnahme. So sei für das Schutzgut „Mensch einschließlich der menschlichen Gesundheit" das Kriterium „Sonstige Siedlungen" von bisher „mittel" auf „hoch" anzuheben. „Es kann nicht angehen, dass Personen, die etwa in der Industrie einer zusätzlichen Belastung am Arbeitsplatz ausgesetzt sind und dort einen Großteil ihrer Tageszeit verbringen, weniger schutzwürdig sind als in „Siedlungen", die als „hoch" eingestuft wurden.
Auch die Festsetzung „mittel" bei den Wasserschutzgebieten ist mit der Bedeutung des Trinkwassers für Mensch und Gut nicht vereinbar und muss angehoben werden", so Hübner. Der Zweckverband Wasserversorgung „Juragruppe" in Pegnitz habe ein wissenschaftliches Gutachten erstellen lassen, das die Risiken, die aus dem Bau einer Freileitungstrasse oder Erdverkabelung resultieren, als sehr hoch einschätzt."
Der Landrat forderte darüber hinaus die Anhebung des Kriteriums „Landschaftsschutzgebiete" auf „hoch". „Wir verfügen mit den Naturparks „Fränkische Schweiz - Veldensteiner Forst" und „Fichtelgebirge" über Landschaftsschutzgebiete mit einer sehr hohen touristischen und landschaftsprägenden Priorität. Sie stellen das Herzstück der beiden wichtigsten Fremdenverkehrsgebiete Nordbayerns dar. Schon allein deshalb werden dort keine Windkraftanlagen errichtet.
Landschaftsschutzgebietsverordnungen verbieten eine Veränderung des Charakters des Gebietes oder des Schutzzweckes. Auch deshalb muss eine mögliche Erdverkabelung die höchste Empfindlichkeitsstufe „hoch" ausweisen, da hier gleichfalls ein gravierender Eingriff erfolgen würde."
In diesem Zusammenhang machte der Landkreischef auch darauf aufmerksam, dass es neben der Zerstörung dieser Naherholungsgebiete auch zu einer immensen Waldvernichtung käme: Allein in Bayern würden 12,5 Quadratkilometer Wald der Strompassage zum Opfer fallen. „Darüber hinaus sind sensible Landschafts- und Trinkwasserschutzgebiete erheblich bedroht, da allein für die Errichtung der Strommasten massive Eingriffe erforderlich sind."
Erhebliche Einwendungen machte Landrat Hübner auch in einer Stellungnahme zum ersten Entwurf des Netzentwicklungsplanes Strom 2014 (Gleichstrompassage Süd-Ost) geltend. Eingangs kritisierte er, dass die Netzbetreiber den Entwurfsplan lediglich auf ihrer Internetseite zur Verfügung stellen. Hinweise etwa in Tageszeitungen fehlten. „Damit wird weiten Bevölkerungskreisen die Möglichkeit genommen, ihre Einwendungen vorzubringen. Aufgrund des Umfangs von sage und schreibe 431 Seiten dürfte es weitgehend unmöglich sein, sich mit dieser komplexen Thematik und den sich daraus ableitenden Maßnahmen auch nur ansatzweise zu beschäftigen. Für mich wird damit das verbriefte Anhörungsrecht praktisch ausgehebelt."
"Netzsituation ist entspannt"
Aus Sicht des Landkreises Bayreuth hätten weder die Netzentwicklungspläne 2012 und 2013 noch der erste Entwurf des Netzentwicklungsplanes 2014 die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Gleichstrompassage Süd-Ost nachgewiesen. Hübner wörtlich: „Ich verweise auf wissenschaftlich fundierte Stellungnahmen, die eindeutig ergeben haben, dass die Netzsituation in Deutschland entspannt ist, die Gleichstrompassage Süd-Ost für die Versorgungssicherheit Bayerns nicht notwendig ist und dieselbe Passage lediglich eine Braunkohle- Exportleitung darstellt."
Warum wird die Möglichkeit, Gaskraftwerke zu errichten und zur Grundlastsicherung einzusetzen, vernachlässigt? Warum findet das erklärte Ziel der Bayerischen Staatsregierüng, die Grundlast über den Einsatz bzw. Neubau von Gaskraftwerken sicherzustellen, keine Berücksichtigung? Warum werden sogenannte Alpine Speicher als Rechtfertigung herangezogen, um Strom über die Gleichstrompassage Süd-Ost zu leiten, obwohl bekannt sein dürfte, dass der Bau bis zur geplanten Inbetriebnahme der Gleichstrompassage im Jahr 2020 nicht erfolgen wird?
Fragen, denen man sich zu stellen habe, so der Landrat. „Auch erscheint mir wenig glaubhaft, dass die Stromtrasse dem Transport von Strom aus regenerativen Energiequellen dienten. Bis auf weiteres soll - für mich offensichtlich - Braunkohlestrom aus dem Gebiet um Lauchstädt sowie der Lausitz über diese Stromleitung führen.
Dem muss der Landkreis Bayreuth als Bioenergie- und Klimaregion vor dem Hintergrund des weltweiten Klimawandels unmissverständlich widersprechen - auch, da dies den Kernpunkten der Energiewende deutlich zuwiderläuft", stellte der Landkreischef fest. Für ihn bedeuteten die angestrebten Austauschenergiemengen (künftig sollen sogar vier Gigawatt Leistung über die Gleichstrompassage geleitet werden) die Anhebung Deutschlands zum Stromexportland Nr. 1 in Europa, da alle Szenarien der Netzbetreiber einen deutlichen Exportüberschuss belegen.
„Dieses Ansinnen auf dem Rücken der Bürger auszutragen, die zwar betroffen sind, jedoch keinen persönlichen Nutzen aus einer möglichen Gleichstrompassage erzielen, kann ich beim besten Willen nicht akzeptieren, von den gesundheitlichen Folgen einer Verdoppelung der bisherigen Leistung, die bisher in keiner Weise erforscht sind, ganz zu schweigen. Hier gilt es, zunächst eine wissenschaftliche Untersuchung einzuleiten und bis dahin die Finger davon zu lassen!“
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