Neonazi-Aktion am Kriegerdenkmal

28.02.2012, 00:00 Uhr
Neonazi-Aktion am Kriegerdenkmal

Die beiden SPD-Stadträte Oliver Winkelmaier und Uwe Raab sind schockiert. „Zuerst tauchten vermehrt rechte Aufkleber an Laternen entlang der Schulwege auf“, so Raab. Am Wochenende hörte er dann von der Flyer-Aktion. Die Neonazis des „Gedenkens“ wurden aber immerhin von der Polizei kontrolliert.

Am Schloßberg hatte die Gruppe ein Holzkreuz, Blumen und brennende Grablichter hinterlassen, auch drei Fackelreste. Das Holzkreuz trug die Aufschrift: „13./14. Februar Dresden“. Es erinnerte an die Bombardierung der Stadt 1945 durch die Allierten, als 35000 Menschen starben, darunter Nazis.

Die Schloßberg-Aktion fiel fast keinem auf. Nur Jens Groß, der als Pfadfinder in der „Allianz gegen Rechtsextremismus“ in der Metropolregion sitzt, hörte von Bekannten davon.

„Wie viele Teilnehmer dabei waren, ist unklar“, sagt Winkelmaier. „Was gesagt wurde, wissen wir nicht.“ Die Aktionsgruppe schreibt im Internet nur: „Ein Aktivist der AG Bayreuth thematisierte die Geschehnisse von Dresden. Des Weiteren wurden ein Zeitzeugenbericht und ein Gedicht verlesen.“

Polizei traf die Neonazis

Was stellte die Polizei fest? „Wir haben die Sache und auch Personen überprüft. Es haben sich ein paar Leute getroffen und eine Gedenkveranstaltung abgehalten. Strafrechtliche Handlungen sind aber nicht erkennbar“, so Horst Nölkel, der stellvertretende Leiter der Inspektion. „Wir werden die Entwicklung im Auge behalten.“

Uwe Raab hatte am Samstag, 25. Februar, von der Kundgebung erfahren. Am Sonntag sah er noch brennende Kerzen, eventuell wieder erneuert. Der Staatsschutz bat ihn, mit dem Aufruf zu einer Gegenveranstaltung bis gestern mittag zu warten. Deshalb war es für Bürgermeister Manfred Thümler und die Kirchen zu kurzfristig, noch daran teilzunehmen. Sie gaben aber Grüße mit und sicherten ein Bündnis gegen Rechts zu. Auch MdL Dr. Christoph Rabenstein, Experte für Rechtsextremismus im Landtag wäre gekommen, hätte er nicht gestern den 60. Geburtstag gehabt.

Raab und Oliver Winkelmaier handelten ohne Wahlkampf-Denken. Uwe Raab suchte nur deshalb sofort mutig die Öffentlichkeit, weil er vor 25 Jahren mit dem Pegnitzer Sozialdemokraten Hans Meier im KZ Dachau war, wo dieser inhaftiert gewesen war. „Dort habe ich ihm versprochen: Falls es wieder so etwas gibt, handele ich postwendend.“

Rechte Aktionen in Landshut und Kaiserslautern, so Oliver Winkelmaier, zeigen, dass neonazistische Großaktionen wie in Wunsiedel und Gräfenberg abgelöst werden von einer unmerklichen Salami-Taktik.

Jens Groß bestätigte: „Es geht mehr in die Peripherie, auf die Wiese. Die großen Demos und Aufmärsche sind vorbei.“

Hat nun Pegnitz viele Neonazis? Harry Bauer, der gestern Abend auch zu dieser spontanen Gegenveranstaltung ans Kriegerdenkmal kam, erinnerte an „Waldstock“ vor vier Jahren, das er mitorganisiert hatte. Damals saßen sich Neonazis und Punks in zwei großen Lagern gegenüber. Dazu kommen die regelmäßig fünf Dutzend NPD-Stimmen bei Pegnitzer Wahlen: Das „Freie Netz Süd“ ist schon die Folge-Organisation, sollte die NPD verboten werden. Sie hat vielleicht von daher Sympathien.

Oliver Winkelmaier erhielt auch Informationen von der Anti-NS-Gruppe „Endstation rechts“ und kümmerte sich um einzelne Pegnitzer, um sie aus der Neonazi-Szene zu holen.

Auf Facebook fand er zudem zwei Pegnitzer Namen beim „Freien Netz Süd“ — bevor sie gelöscht wurden. Dazu kommen rechte Schulhof-Aktionen in Pegnitz, die inzwischen, so das „Netz“, „erfolgreich abgeschlossen“ wurden.

„Wir müssen ganz gut aufpassen“, so Jens Groß, „dass wir nicht zu einem zweiten Gräfenberg werden. Es ist nicht nur der Pegnitzer Bahnhof und der Röschmühlweg.“ Pegnitz sei für die Neonazis ein unbeschriebenes, ausbaufähiges Blatt.

„Wir müssen uns wehren“, so Uwe Raab. „Wir müssen diesem Spuk ein Ende setzen.“

Bürgermeister Manfred Thümmler wusste bisher nichts. „Ich hab‘ bisher nur ein einziges Mal von den Aufklebern gehört, durch einen Hinweis des Rektors des Gymnasiums.“

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