Neues Museum gegen die Folter

17.7.2012, 00:00 Uhr
Neues Museum gegen die Folter

 

Helmut Lautner, 53, ist Psychologe. Ihm geht es hier um ein Museum gegen die Folter. Wenn noch Platz wäre, würde er einen Raum für die Initiative „Amnesty International“ einrichten, welche die Folter anprangert. Und er würde auf die Gräuel in Kambodscha verweisen, auf die US-Folter in Guantanamo, auf die Quälwerkzeuge, die der Sohn von Saddam Hussein benützte. Er setzt einen Satz des Psychonalaytikers C. G. Jung an die auch rote Innenwand: In jedem von uns wohnt noch ein anderer, den wir nicht kennen.

So ergaben Versuche mit Gymnasiasten, die man mürrisch in einen Käfig auf den Markt stellte, dass sie in kürzester Zeit beschimpft und beworfen wurden. „Das funktioniert heute noch. Weil der andere hilflos ist.“ Auch viele Mächtige wandeln sich ins Gefühllose. „Deshalb soll es ein Museum zum Nachdenken werden. Ich wünsche nicht unbedingt Vergnügen beim Durchgehen. Das sind schlimme Dinge, die man da den Menschen angetan hat. Ich verstehe nicht, warum. Du siehst aber, was Du für ein Glück hast, dass Du in Deinem Leben nicht in so etwas hineingeraten bist.“

Neuzeitliche Qualen

Helmut Lautner, in Pegnitz aufgewachsen, erlebt im Moment an der Universität Bayreuth, wo er Studenten betreut, eine geistige Art der „Folter“: Den Lernstress. Wie viele junge Leute stehen deshalb im Burn-Out, in der Depression, vor dem Suizid. „Was beim G8 passiert, läuft auch mit dem Bachelor ab: Der Stoff von acht Semestern wird ungekürzt in sechs gedrückt. Was heraus kommt, ist einfach bloß noch irre. Die Grenzen sind erreicht. Die jungen Leute können nicht mehr.“

Neues Museum gegen die Folter

Lautner lenkt sich selbst ab mit dem Umbau eines abgelegenen alten Bauernhofs bei Presseck zum Schloss mit Zinnen. Mit dem Bau von Ritterrüstungen für Museen. Mit dem Knobeln an Raps-Wasser-Tankfüllungen für Autos. „Ich bin ein Tausendsassa. Solche Ideen hab ich dauernd. Das Museum ist auch so eine.“

Helmut Lautner wollte es erst in die Kulmbacher Plassenburg integrieren und ein zweites am Gardasee aufmachen, um dort öfter Urlaub zu haben. In Italien hatte er auch seine Vorbilder entdeckt, die roten Foltermuseen von Siena und San Gimignano. Sie waren nicht so nüchtern eingerichtet wie in Rothenburg o.d. Tauber, sondern erzählten die Hintergründe, die Geschichten dieser grausamen Zeit.

Lautner will es genauso machen, wissenschaftlich recherchiert. Er möchte erzählen von der grausamsten Hexenverfolgung Deutschlands, die zwischen 1627 und 1632 in Bamberg lief. Vom Arzt Joseph Guillotin, der nur eine Idee geben wollte, wie man die Todesstrafe humaner vollziehen kann, und der dann extrem unter den Folgen litt. Seine Kinder legten deswegen ihren Namen ab.

Er will auch erzählen vom dreischläfrigen Galgen, der abseits noch eine kleine Stelle hatte, wo die Menschen aus der verachtesten Schicht einer Stadt aufgehängt wurden. Sie durften nicht an die anderen Balken. „Auch Pottenstein hatte seine Richtstatt. Noch heute sind ihre viereckigen Grundmauern zu sehen. Oder schauen Sie Pegnitz an, die Galgengasse.“

Henker’s Abwehr

Helmut Lautner stellt Henkersmasken aus Blech aus, die den Scharfrichter vor dem bösen Blick des Opfers schützen sollten, vor seinem Fluch. „Auch die Henkersmahlzeit diente dazu, den Delinqenten gut zu stimmen.“

Er zeigt Fotos von Anatole Deibler, der seine fast 400 Hingerichteten abgelichtet hatte. Er berichtet vom Henkersschwert, das bezeichnende Worte eingraviert hatte. War es 100 Mal eingesetzt, legte man es zur Seite. Sonst wurde es blutrünstig.

Kinder sollten früh ein Henkersschwert anfassen, damit sie es später im Leben nie mehr spürten.

Konnte ein Henker nicht auf den ersten Streich töten, wurde er fast gesteinigt. „Das Volk rastete aus. So eine Hinrichtung war ja großes Kino.“

In dem Museum sind Folterinstrumente zu sehen, die Helmut Lautner in der ganzen Welt kaufte. Oft brachte er sie nur mühsam durch den Zoll. Die Totenmaske von Robespierre stammt aus Amerika und ein manipulierter Werwolf-Schädel kommt aus England. Die brutale Mazzolata-Hinrichtung aus Italien, vor allem im Vatikan ausgeübt, erklärt er. Sie war bis ins 19. Jahrundert populär. Die Garotte ist zu sehen und ein vietnamesischer Nachbau der Guillotine. Die Trülle hängt neben dem Eselsritt und dem St. Elmsgürtel. Aufsetzbare Schandmasken nahmen die Ehre. „Die Ehre war damals etwas Wichtiges.“

 

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