Schau im "Ideenhaus": Zwischen Glück und Stille

16.7.2015, 18:56 Uhr
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© F.: Knauber

Dinara Daniel (50) wuchs in der Millionenstadt Ufa in Russland auf, vor dem Ural. Sie studierte dort mit 19 Jahren Medizin und mit 31 Kunst. Zwei Jahre später wechselte sie nach Heidelberg und war wieder als Ärztin tätig. Doch als ihre Kinder größer waren, sagte sie sich: „Jetzt muss ich mir die Zeit zum Malen nehmen, sofort, nicht 40 Jahre warten." Das Malen empfand sie als Therapie. „Es macht mir so Freude, meine Gedanken auszudrücken. Es ist ähnlich schön wie schreiben. Ich will mein Glück auf die Leinwand bringen.“ Ihre Bilder in Acryl oder Pastell sind farbenfroh. „Das kommt, weil ich positive Gedanken hab, Hoffnung, Dankbarkeit für alles, was wir haben.“

Man sieht diese Werke lange und staunend an. Sie vermitteln: Da hat sich jemand einfach hingesetzt und wunderbar gemalt, ohne nachzudenken, direkt aus seinem Leben. Es sind große Porträts und kleine, Bilder der eigenen Tochter oder von der Tochter einer Freundin im Märchenbild der „Schneeflocke“: „Dieses Mädchen hat wunderschöne Augen.“

Außerdem ist es rothaarig, was Dinara Daniel begeistert. Deshalb liebt sie auch ihr Porträt einer rothaarigen jungen Frau, genannt „Unbekannt“: „Dieser Typ einer Frau inspiriert mich sehr.“

Eine andere Dame ist geheimnisvoll nur vom Rücken her zu sehen, nach einem Foto bewusst im Stil von Klimt gemalt — „vielleicht will sie ihre Gedanken nicht erzählen?“

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Für viele ihrer Werke nimmt sich Dinara Daniel einige Monate oder auch Jahre Zeit — bis sie beginnt, bis sie eine Geschichte dazu hat. Aber bei der „Frau im Café“ , die sie nach dem Besuch einer Monet-Ausstellung in Frankfurt in einem Restaurant sitzen sah, ging es in ein paar Tagen: „Sie hatte sich umgedreht und ich sagte zu meiner Freundin: Sie ist so anders, so faszinierend, unglaublich. Ich kann nicht gehen. Ich muss sie fragen, ob ich sie fotografieren kann. Sie ist so schön.“ Die Dame war einverstanden, sogar beglückt. „Sie hatte unglaubliche Augen.“

Dinara Daniel hat eine Begabung für Gesichter. Dies wird besonders deutlich bei den fünf Kleinformaten zum afrikanischen Tanz. „Ich liebe Tanz. Das ist meine zweite Passion.“

Trotz der dunklen Hautfarbe und der Nacht darum herum gelingen ihr bewunderswerte Gesichter, wieder nach Fotos gemacht — „ich war nie in Afrika, aber ich bin in Gedanken bei diesen Menschen“.

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© Foto: Thomas Knauber

Eindrucksvoll ist auch ihr großes Bild „From Russia with Love“, in dem sie die Opernsängerin Anna Netrebko porträtiert. „Ich bewundere ihr Talent. Sie ist eine starke Persönlichkeit.“ Diese schöne Frau übergibt dem Betrachter eine kleine goldene Kiste. „Das heißt: Ich komme zu euch mit Liebe und Vertrauen, mit allem, was ich habe, mit Liebe zur Erde und zu den Menschen. Wir müssen das alles schätzen.“

Erst das Alte kennen

Nicht so eindrucksvoll sind aber ihre kleinen Landschaftsbilder. Ähnlich ist es bei der zweiten Künstlerin, Karolina Jarmolinska (30) aus Karlsruhe. Sie stellt neben ihren Porträts schwächere Skizzen von Häusern aus, die sie aus ihrem Atelier der Warschauer Kunstakademie sah, in den fünf Jahren dort. Zuvor hatte sie sechs Jahre Kunstgeschichte studiert, auch in Warschau (weil sie sich als Kind gedacht hatte: „Wer Neues malen will, muss die bisherige Kunst kennen“).

Karolina Jarmolinska begann auch in Deutschland wieder ein Kunststudium. Sie ist äußerst vielversprechend, wie ihre Mini-Porträts beweisen, die sie in Hollfeld zeigt. Sie waren ein Teil ihrer Diplomarbeit „Tagebuch“ und sind phänomenal. Mit Tusche und Tee im Stil alter Fotos mit wenigen Strichen angedeutet, erfassen sie komplett den Menschen, den Jarmolinska bei Busfahrten in Warschau eine Stunde lang beobachtete und in einem Heft schnell festhielt. Später kam die feine Ausarbeitung im Atelier.

Karolina Jarmolinska lässt diese Menschen in Ruhe. Sie lässt sie abgeschlossen, nimmt still und gelassen Abstand von ihnen. Die Männer und Frauen bleiben, wie sie sind. Diese Bilder wecken deshalb den Wunsch, sich auch einmal von dieser herzlichen Polin porträtieren zu lassen.

Karolina Jarmolinska malte auch einmal eine großformatige Serie von Aktmodellen, im Internet auf der Homepage als Werkreihe „Gefühle“ zu sehen. Auch hier ist es frappant, wie sie die Eigenart der Menschen trifft, kompakt ihren Kern. Wesentlich sind wieder die Gesichter.

Etwas unverständlich bleibt, warum die Künstlerin so sehr im Schwarz-Weißen bleibt und immer den Tod einbezieht, wenn sie arbeitet. „Ich interessiere mich für die Existenz des Menschen sowie das Dasein im Kontext des Todes und des Laufs der Zeit. Denn der Tod ist das einzige, was in unserem Leben sicher ist.“ Sie wählt die grauen und schwarzen Farben als Zeichen von Dunkelheit und Kontemplation, „denn ich interessiere mich für Licht als metaphysischen Faktor.“

(Geöffnet sonntags 14 bis 16 Uhr, Eiergasse 13; bis 28. August.)

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