Schwarzstorch: Jetzt hagelt es Dienstaufsichtsbeschwerden
30.7.2014, 22:18 UhrEr habe am Abend des 21. Juli nur 50 Meter von einer in Bau befindlichen Windkraftanlage einen Horst mit drei Schwarzstorchjungen entdeckt, schreibt der Thurndorfer an Regierungspräsident Axel Bartelt. Ein viertes Junges sei verendet. „Es blieben nur noch Federn von ihm übrig.“ Gleich am nächsten Tag wurde der Nistplatz von einem Vertreter der Oberen Naturschutzbehörde (ONB) und anderen Beamten besichtigt. „Der Fund wurde bestätigt. Daraufhin hätte sofort ein Baustopp erfolgen müssen“, so Jenne ernergisch.
Der Thurndorfer, der einen Jungstorch auch schon vor die Linse seiner Kamera bekommen hat, begründet seine Beschwerde mit den Vorschriften der europäischen Vogelschutzrichtlinie, dem Naturschutzgesetz und dem Windkrafterlass. Darin ist unter anderem ein Abstand von drei Kilometern zwischen Nest und Windrad festgeschrieben. „Diese Richtlinien können nicht einfach außer Kraft gesetzt werden.“
Der 52-Jährige kann zudem die Formulierungen in einer Presseinformation der Behörden nicht nachvollziehen. Darin war unter anderem zu lesen, dass die Horstansiedlung vermutlich vor Baubeginn erfolgte, dass die Elterntiere die benachbarten Bauaktivitäten in Kauf genommen hätten und dass sie diese aller Wahrscheinlichkeit nach weiterhin im gewohnten Umfang tolerieren werden (die NN berichteten).
„Die oben genannten Personen stellen aus meiner Sicht eher Vermutungen im Sinne von Windkraftbaubetreibern an als im Sinne zu schützender Tiere und Pflanzen. Das ist nicht Aufgabe einer Naturschutzbehörde“, betont Jenne.
Der Pflicht einer ONB, bedrohte Tierarten gemäß gesetzlicher Grundlagen zu schützen, seien die Beamten aus seiner Sicht in keiner Weise nachgekommen. Jenne geht auch davon aus, dass bei der speziellen Artenschutzrechtlichen Prüfung (SAP), die im Vorfeld der Baugenehmigung stattfand, Fehler gemacht wurden.
Zumal ihm die Einsicht gemäß Umweltinformationsgesetz verweigert wurde. Er habe deshalb bereits am Dienstag eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft in Amberg erstattet, so der Thurndorfer in seinem Schreiben vom 29. Juli.
In einer begründenden Email an die Staatsanwaltschaft berichtet er zunächst, dass er bereits am 28. Juli bei der Polizeidienststelle Auerbach eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht habe. Dabei sei ihm gesagt worden, dass „da eh nichts heraus käme“. Jennes Eindruck sei es, dass die Schwarzstorchjungen wegen der jetzt schon in Bau befindlichen Anlage und der bereits getätigten Millionenbeträge sowie verbunden mit der Angst einer Klage gegen das Landratsamt einer extrem stark erhöhten Tötungsgefahr und einem Störungsdruck ausgesetzt werden. „Die Storchenbabys sind der Behördenwillkür ausgeliefert.“
Kritik übt Emil Jenne an der Veranlassung der ONB, die den Bereich um das Nest mit Bauzaun und Sicherheitskräften schützen möchte. „Das ist eigentlich gut, birgt aber auch die Möglichkeit in sich, dass niemand Zeuge sein wird, wenn die Tiere wegen Ausbleiben der Eltern verhungern oder beim Flüggewerden gestört oder mutwillig getötet werden und verenden.“
Amt sieht Präzedenzfall
Im Landratsamt wusste man gestern Mittag offiziell noch gar nichts von einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richard Reisinger. Auf den Bau habe diese ohnehin keinen Einfluss, so Sprecherin Christine Hollederer. Die Schwarzstörche bei Altzirkendorf seien offenbar ein „Präzedenzfall“.
Bislang entdeckte man die Vögel stets im Vorfeld, so dass die Windkraftanlagen gar nicht genehmigt wurden. In diesem Fall tauchte der Vogel offenbar während der Bauphase auf. Beginn war am 25. April, so Joseph Karl, der Pressesprecher der Regierung der Oberpfalz. Eine Umsiedlung in eine Aufzuchtstation sei nicht mehr möglich, da die jungen Störche tagsüber schon ausfliegen und nur nachts zum Horst zurückkehren, wo sie wohl noch gefüttert werden. In wenigen Wochen starte ohnehin der Flug gen Süden.
Während es auf der Baustelle weiter geht, brüten die Ämter über den Dienstaufsichtsbeschwerden, die am Dienstag in Regensburg eingingen. Sie richten sich gegen den Amberg-Sulzbacher Landrat sowie gegen Norbert Dirscherl und Wolfgang Nerb (beide ONB).
Die Betroffenen werden nun um Stellungnahmen gebeten, so der Pressesprecher. Nach der Anhörung werde die Regierung entscheiden. Für eigene Mitarbeiter ist die Personalstelle zuständig, für den Landrat die Kommunalaufsicht.
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