Waischenfeld: Lebendige Erinnerung an Gruppe 47
27.4.2017, 12:21 UhrFohrbeck, promovierte Kulturwissenschaftlerin und ehrenamtliche Mitarbeiterin der Bayreuther Firma "KulturPartner", war nun mit deren Geschäftsführer Clemens Lukas und den weiteren Mitarbeitern Frank Piontek und Annett Krause zur Stadtratssitzung nach Waischenfeld gekommen. Sie wollen die Stadt bundesweit als ländliches Literaturzentrum in die Schlagzeilen bringen, auch in überregionalen Medien.
Bereits während der vorletzten Stadtratssitzung hatte der Stadtrat gegen die Stimmen von Udo Lunz (SPD) und Herbert Neubauer (FWSL) grünes Licht für eine Konzepterstellung durch "KulturPartner" gegeben. Inzwischen drängt die Zeit, vor allem was die Finanzierung dieses ehrgeizigen Projekts für ein erstes Schriftstellertreffen im Oktober anbelangt
Am Donnerstag treffen sich Forbach und Bürgermeister Edmund Pirkelmann (BBS) deshalb zu einem Gespräch mit Landrat Hermann Hübner (CSU) im Landratsamt. "Die Zeit drängt und am Donnerstag müssen wir mit dem Landrat kämpfen, der dann auch mal mit 15.000 Euro dabei sein muss", sagte Fohrbeck während der Stadtratssitzung im Badershaus.
Müdes Lächeln vom Landrat
Als sie in Bayreuth den Jean-Paul-Weg kreiert hatte, erntete sie zunächst ein müdes Lächeln des Landrats. Dies wurde jedoch inzwischen ein durchschlagender Erfolg. "Der Landrat kennt natürlich auch die Gruppe 47 nicht", sagt Fohrbeck. Er habe aber vollste Unterstützung zugesagt. "Der Landrat muss wirklich auch hinter dieser Gemeinde stehen", so Fohrbeck. Wenn die 74-Jährige von der Gruppe 47 erzählt, gerät sie geradezu ins Schwärmen. Dies waren und sind heute noch die bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit.
59 Schriftsteller der Gruppe 47 leben heute noch und Fohrbeck hofft, das man mindestens die Hälfte davon schon im Oktober nach Waischenfeld bringen kann. Sie nennt einige Namen wie Martin Walser, Peter Handke und Michael Krüger. Walser wurde durch seine Darstellung innerer Konflikte der Antihelden bekannt, Krüger ist seit 2013 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Handke gilt als großer Kritiker der Gruppe 47. Dessen Kritik bezeichnete Günter Grass später als "Blattschuss" für die Gruppe 47. "Da sind schöne Zugpferde dabei", so Fohrbeck. "Das Thema ist dermaßen mit Energie geladen. Und wenn man dies in der Region explodieren lässt, dann sieht man was sich bewegt."
Potential soll ausgeschöpft werden
Und dies in einer Gegend, die im 19. Jahrhundert durch Tieck und Wackenroder zum Zentrum der deutschen Romantik wurde. Ein Potential, vor allem auch für Waischenfeld, mit dem man wuchern kann und das lange noch nicht ausgeschöpft ist. "Von der Nachhaltigkeit sind wir überzeugt, obwohl noch gar keine Finanzierung steht", so Fohrbeck.
Immerhin hat aber die Oberfrankenstiftung schon 20 Prozent Zuschuss zugesichert und laut "KulturPartner"-Geschäftsführer Lukas müsse man nun auch noch mit Markus Söders Bayerischem Heimatministerium sprechen. Mit im Finanzierungsboot ist vielleicht auch eine Versicherungsgesellschaft, laut Lukas für ein "ländliches Literaturfestival, das nicht in großen Hallen sondern in der Höhle stattfindet."
Als Programm angedacht fürs erste Treffen ist ein Fischessen in der Pulvermühle am ersten Abend. Da soll dann auch die ehemalige Wirtin der Pulvermühle, die beim letzten Treffen der Gruppe 47 dabei war, kommen. Erika Bezold, Ehefrau des legendären Pulvermüller-Kaspers mit der roten Weste, habe bereits ihre Teilnahme zugesagt, so Fohrbach.
Utopien für nächste Generation
Am zweiten Tag folgen zwei Podiumsdiskussionen im Fraunhofer Forschungscampus mit unterschiedlichen Schwerpunkten und ein Ritteressen auf Burg Waischenfeld. Dies muss jedoch noch geklärt werden. Fohrbeck ist überzeugt, dass es sehr spannende Diskussionen geben wird mit anschließenden Fragen, was man der nächsten Generation an Utopien weitergeben kann.
Für künftige Literatentreffen sollen weitere touristische Anziehungspunkte wie Mühlen oder die Burg Rabeneck mit einbezogen werden. "Das Thema könnte etwas Neues in Waischenfeld begründen, wenn wir Glück haben", so Lukas. Laut Piontek gilt die Gruppe 47 noch heute immerhin als die bedeutendste literarische Gruppe der gesamten Bundesrepublik.
"Ich finde es total spannend, dass diese Literaten hier damals in diesem idyllischem Ort waren", sagt Piontek und betont, das es sich nicht um irgendeine Gruppe, sondern um die bedeutendsten deutschen Literaten handelte. Bürgermeister Pirkelmann ist davon überzeugt, dass es eine "gute Sache für Waischenfeld" wird.
Auch wenn das Thema bei der Bevölkerung inzwischen "weg" sei. Paul Lindner (CSU) konnte sich als ältestes Ratsmitglied noch an die Gruppe 47 erinnern: "Für uns als Bauernburschen war das damals aber kein Thema", so Lindner. Für Pirkelmann steht fest: "Daraus kann man in Zukunft mehr für Waischenfeld machen."
Jan Wolf (JW) konnte die Finanzierung des Projekts nicht so recht nachvollziehen. Aufklärung kam von Kämmerin Marianne Wehrl. Im Haushaltsansatz stehen dafür heuer 78 800 Euro, an Einnahmen dafür 68 800 Euro. Verleibt also wie bereits vom Stadtrat beschlossen ein Eigenanteil für die Stadt von 10 000 Euro.
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