Wanderreiterin reist mit dem Esel über die Alpen

9.7.2014, 17:56 Uhr
Barbara Becker zieht mit ihrer Eselstute Wanda durch Deutschland. Ihr Ziel: Kärnten in Österreich.

© Münch Barbara Becker zieht mit ihrer Eselstute Wanda durch Deutschland. Ihr Ziel: Kärnten in Österreich.

„In diesem Jahr werde ich 50. Und da dachte ich einfach, ich erfülle mir jetzt einen Traum“, sagt sie. Und in diesem Traum geht es um einen rund 1400 Kilometer langen Weg.

Im Juni ist sie von ihrem Heimatort Brodersby an der Schlei in Schleswig-Holstein aufgebrochen mit ihrer 15 Jahre alten Eselstute Wanda und ihrem acht Jahre alten Golden Retriever Eddie. In Österreich, in Kärnten soll ihre Reise schließlich enden. Dort kommt ihre Mutter her, und mit der Region fühlt sie sich verbunden.

Kontakt zur Familie per Smartphone

Bereits letztes Jahr hatte Becker eine zweiwöchige Tour mit dem Esel gemacht – zu ihren Schwiegereltern nach Uelzen. Rund 350 Kilometer waren das. „Mir geht es gesundheitlich gut, den Tieren auch, familiär passt alles. Und dann kann man auch aufbrechen“, erklärt die Reisende. Per Smartphone ist sie mit ihrer Familie, ihrem Ehemann und ihren drei erwachsenen Kindern in Kontakt, die dadurch „innerlich mitgehen“, wie sie sagt. Und alle drei Wochen bekommt sie auch Besuch von ihrem Mann.

„Er sagte zu mir, dass meine Sehnsucht nach einer langen Strecke mein Ding sein sollte. Außerdem ist es, glaube ich, ein größeres Erlebnis so was auch alleine zu machen. Ich denke, dass man dann den Weg noch intensiver erlebt“, fügt sie hinzu.

Auf Luxus verzichtet Barbara Becker in dieser Zeit – geht ja auch nicht anders. Und wenn an einem Tag genug gelaufen wurde, fragt sie in einer Ortschaft Menschen auf der Straße nach einer Übernachtungsmöglichkeit für sich und ihre beiden Tiere.

„Als ich in Weidenloh ankam, sah ich einen Mann auf der Straße und habe ihn angesprochen“, erklärt sie. Dieser Mann heißt Georg Schaffer und hat selber Ferienwohnungen. Er sagt: „Als ich sie sah, dachte ich gleich: Aha, hier kommt eine Wanderreiterin. Ich habe sie sofort zum Übernachten eingeladen. Ich überlegte mir, wie dankbar ich wäre, wäre ich an ihrer Stelle. Man sollte nie vergessen, dass man selber auch mal Hilfe braucht.“ Es passiert aber auch immer wieder, dass es auch Absagen gibt und Barbara Becker kann davon ein Lied singen: „Es muss einem klar sein, dass man von fremden Menschen auch ein Nein zu hören bekommt. Das ist aber weiter nicht schlimm. Bisher habe ich für uns immer einen Platz gefunden."

Langsam heißt nicht schlecht

Inzwischen hat sie auch gelernt, die Langsamkeit zu entdecken. Waren es anfangs 25 bis 30 Kilometer pro Tag, sind es jetzt etwa 15, maximal 20, die sie zurücklegt. Denn sie hatte gemerkt, dass es keinen Sinn macht, zu schnell zu sein. Das tat keinem der Reisegruppe gut. Und die Eselin hatte sich von dem 40 Kilogramm schweren Gepäck den Rücken aufgescheuert.

Ein Tipp von einem Freund brachte Erleichterung für das Tier: Mit einer Schere schnitt sie ein Loch in die Satteldecke. Jetzt passt es wieder. Der Esel ist wieder gut in Form und stark und kräftig. Auch wenn man den Eindruck haben könnte, dass Wanda etwas traurig guckt, als sie pudelnass auf der Koppel bei Schaffer steht. Vielleicht deswegen, weil sie ihre gewohnte Umgebung vermisst oder ihre drei Eselkumpel. Denn der weit Gereisten auf zwei Beinen gehört eine Eselkoppel mit vier dieser „Grauen“.

Bei Hund Eddie verhält es sich etwas anders. Dem hat die bisherige Strecke etwas zugesetzt. Becker: „Mir ist die Gesundheit der Tiere sehr wichtig. Und ich habe gemerkt, dass er nicht mehr will. Deshalb wird mein Mann, wenn er mich das nächste Mal besucht, Eddie wieder mit nach Hause nehmen.“

Auf der Homepage

Barbara Becker hat eine Homepage, auf der sie die lange Reise des ungewöhnlichen Trios dokumentiert. Sie schreibt unter anderem von Stille. Vom Schnauben ihrer Eselin. Von fantastischer Landschaft. Von uriger, ursprünglicher Gegend – vom Angekommen sein in Bayern. Beziehungsweise, wie sie später aufgeklärt wird, vom Angekommen sein in Franken.

Sie erzählt aber auch: „Auf unserer Reise war es auch schon anders. Als wir an Wolfsburg vorbeigelaufen sind, da waren über uns, unter uns, neben uns nur Autos. Lärm, Hektik, Verkehr. Für keinen von uns war das gut. Nachdem wir das hinter uns hatten, habe ich beschlossen, dass wir auf dem weiteren Weg um Städte einen großen Bogen machen. Lieber hundert Kilometer mehr laufen, als dass wir uns so etwas noch einmal antun müssten.“

Heimweg im Auto

Es regnet immer noch. Neun Uhr am Morgen ist es. Barbara Becker hat ihre Sachen gepackt. Sie hat in der Hand einen Wanderplan, und ein Navi. Sie nimmt den Esel an die Zügel, den Hund an die Leine und läuft los. Dorfbewohner, die sie kennengelernt hat, stehen mit Fotoapparaten in der Hand am Straßenrand und verabschieden sich von ihr. Wanda und Eddie folgen, ohne zu murren. Erst einmal durch Weidenloh – ein paar Stunden später sind sie schon woanders. Ein paar Kilometer, die Wanda und Barbara bald nur als Duo zurücklegen, sind es ja noch.

Und wenn sie angekommen ist, irgendwann im September, dann wird Geburtstag gefeiert. „Wir schaffen das auf jeden Fall. Schon alleine deshalb, weil ich, noch bevor wir weggelaufen sind, in Kärnten ein Lokal für die Feier gebucht habe. Dann kommen meine Familie und Freunde nach.“ Und eines ist sicher: Den Heimweg muss sich Wanda nicht mehr antun. Dann geht es im Auto und im Anhänger in heimische Gefilde.

Unter www.eselkoppel.de kann man die aktuellen Berichte, die Barbara Becker von ihrer Reise postet, nachlesen.

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