"Reichsbürger"-Schüsse: Weiterer Polizist unter Anklage
10.7.2017, 20:59 UhrDer 50-jährige Mann aus dem Landkreis Fürth hatte Kontakt zu dem Todesschützen Wolfgang P., der am 19. Oktober einen Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) erschossen hatte. Vor der so tragisch verlaufenen Razzia hatte der Polizist über seinen Dienstrechner Informationen über seinen Bekannten abgerufen und an Wolfgang P. weitergegeben.
Im November vergangenen Jahres hatte der Fall von Wolfgang P. eine weitere dramatische Wendung erhalten. Wenige Wochen nach den tödlichen Schüssen in Georgensgmünd im Landkreis Roth gab das Polizeipräsidium Mittelfranken in einer Pressekonferenz bekannt, dass zwei Polizisten mit Dienstsitz in Ansbach und die Lebensgefährtin eines der Beamten Kontakt zu dem Todesschützen von Georgensgmünd hatten.
Bei der Auswertung des Handys und des Computers des damals 49-jährigen "Reichsbürgers" waren die Ermittler auf Kontaktdaten zu den zwei Polizisten gestoßen. Unter anderem hatte man sich in einer WhatsApp-Gruppe ausgetauscht.
Gegen den jüngeren der beiden Beamten hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth nun Anklage wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen erhoben. Die Ermittlungen hatten ergeben, dass der Oberkommissar eine Abfrage über seinen Dienstrechner zu Wolfgang P. durchgeführt hatte. Der Polizist der Zivilen Einsatzgruppe (ZEG) wird beschuldigt, die dabei gewonnenen Daten an den "Reichsbürger" weitergegeben zu haben. Außerdem wird dem 50-jährigen Beamten ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Bei einer Hausdurchsuchung hatte man Wurfsterne, ein Wurfmesser sowie eine Schreckschusswaffe ohne Zulassung gefunden.
Gegen den Kollegen des 50-jährigen Oberkommissars, einen 51 Jahre alten Hauptkommissar, wurde ebenfalls ermittelt. Bei ihm lautete die Anklage auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt, jeweils durch Unterlassen. Ihm wurde vorgeworfen, dass er die Gefahr, die von Wolfgang P. ausging, erkannt und trotzdem nichts unternommen habe. Er hätte die tödlichen Schüsse verhindern können, die der "Reichsbürger" auf einen jungen Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Nordbayern abfeuerte – hätte er seinen Kollegen nur gesagt, wie gefährlich P. wirklich ist.
Diesen Vorwurf hielt das Schwurgericht jedoch nicht für haltbar. Es hatte keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Polizist tatsächlich von P.s Plänen wusste. Angeblich hatte der "Reichsbürger" bei der Razzia eine kugelsichere Weste getragen und durch die geschlossene Wohnungstür gefeuert.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat inzwischen aber Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt. Außerdem erwartet den Hauptkommissar ein Verfahren, weil er eine private Waffe nicht vorschriftsmäßig aufbewahrt haben soll.