Rothsee: Mit dem Römerboot auf Patrouille
27.7.2018, 06:00 UhrWer kommt warum auf die Idee, ein römisches Boot nachzubauen? Was ist dran an der Schiffsbautechnik von vor 2000 Jahren? Für Boris Dreyer schon einiges.
Der Professor für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wollte zum 275. Geburtstag der Uni ein besonderes Projekt starten: Ein von mehreren Fakultäten gemeinschaftlich geschaffenes "Werk", das nicht nur hinter einem Schreibtisch oder in Archivregalen, sondern tatsächlich sicht- und erlebbar sein sollte für viele.
Da kam dem Historiker zupass, dass in Oberstimm bei Manching in der Nähe eines früheren römischen Kastells bei Ausgrabungen in den 1990er Jahren zwei römische Patrouillenboote gefunden worden waren. Die beiden Spähschiffe waren so gut erhalten, dass sie viele Informationen über ihre Bauart — immerhin vor knapp 2000 Jahren — lieferten. Also plante Dreyer einen Nachbau, natürlich mit den Materialien und in der Bauweise von damals.
Nach ausführlicher Planungszeit wurde im April 2017 so begonnen, wie er es sich vorstellte: Neben einem professionellen Bootsbauer aus Italien waren Studenten und Dozenten mehrerer Fakultäten — Ingenieure, Maschinenbauer, Strömungswissenschaftler, Archäologen, Altphilologen — am Werk.
An dem neuen "alten" Schiff entwarfen und zimmerten, knobelten und hämmerten etliche Berufsvertreter (und freiwillige Pensionisten und Rentner) mit. Ein Jahr lang stellte Dreyer täglich aus einem Pool von rund 90 Helfern ein Team von zwei bis zehn Bauarbeitern zusammen. Sponsoren und Stiftungen halfen kräftig mit, so dass das Projekt für 160 000 Euro im Wortsinn gestemmt werden konnte.
Im April 2018 war das knapp 16 Meter lange und fast drei Meter breite Boot in aufwendiger Nut- und Feder-Bauweise fertiggestellt, mit Schiffswerg kalfatert und außen mit einer Mischung aus natürlichen Farbstoffen, Bienenwachs und Harz bemalt. So hat das Schiff, dem früher ein "Leben" nachgesagt wurde, am Heck einen Schwanz und am Bug einen Schnabel mit zwei Augen: "Bedrohlich für die Feinde und ein Wiedererkennungsmerkmal für die Besatzung", weiß der Professor und Bauleiter.
Aber nicht nur die Optik war wichtig für römische Boote; schließlich bildeten die Wasserstraßen entlang der Grenzen zu den feindlichen Germanen die Hauptverkehrswege. Wie schnell und wie lange konnten die Soldaten in den Holzschiffen rudern? Wie verhielt sich das Segel, wenn der Wind von der Seite blies? "Wenn das Boot am falschen Ufer landet, freut sich nur der Feind", lacht Dreyer.
Deshalb dient das Boot, das seit seiner Taufe auf den Namen Fridericiana Alexandrina Navis oder kurz F.A.N. hört, nun der wissenschaftlichen Erforschung früherer Techniken und Taktiken. Schnelligkeitsfahrten wurden schon absolviert, jetzt folgt die Langzeitbelastung:
Noch in diesen Tagen sticht die Fridericiana Alexandrina Navis bei Erlangen in See — also in den Kanal — und nimmt dann die Fahrt über die Donau bis zum Schwarzen Meer ins Visier. Bis zum 21. August will Professor Dreyer mit seinem sechs Mann starken Kern-Team und wechselnden Rudertrupps aus den Städten am Fluss dort angekommen sein. Der Rückweg erfolgt dann huckepack auf der Straße.
Und dann? Braucht das frisch gebaute Boot einen Platz fürs Leben. Nachdem einige der Schiffsbau-Studenten aus dem Landkreis Roth kommen und der Rothsee direkt vor der Tür liegt, nahm die Idee eines Liegeplatzes vorsichtig Gestalt an. Mit dem Zweckverband Rothsee und mit dem Wasserwirtschaftsamt habe er schon gesprochen und positive Signale vernommen, sagt Dreyer. Aber vielleicht gibt es für den Winterunterstellplatz, der unbedingt außerhalb des Wassers sein muss, ja eine private Unterbringungsmöglichkeit.
Das Boot, das weiterhin wissenschaftlicher Forschung (von Strömung und Segeltechnik bis Bauart und Haltbarkeit) dienen soll, würde aber auch für Schulklassen oder Firmengruppen zur Verfügung gestellt, kündigt der Professor an. So hätten alle etwas davon. Gar keine schlechte Idee, ein römisches Boot nachzubauen...
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