Schluss für Praktiker: Der Ausverkauf beginnt

4.9.2013, 17:39 Uhr
Auch die Rabattschlachten haben zum Niedergang der Baumarktkette Praktiker beigetragen. Kommende Woche beginnt der Ausverkauf in mehr als 130 Filialen.

© dpa Auch die Rabattschlachten haben zum Niedergang der Baumarktkette Praktiker beigetragen. Kommende Woche beginnt der Ausverkauf in mehr als 130 Filialen.

Für die Baumarkt-Kette Praktiker läutet endgültig die Totenglocke. Am Mittwoch wurde klar: Praktiker kommt nicht mehr auf die Beine. Niemand will Geld in ein dermaßen angeschlagenes Unternehmen stecken. Die Marke ist erledigt.

Kommende Woche beginnt in 130 Filialen der Ausverkauf. "Zunächst arbeiten die Mitarbeiter weiter", sagt Harald Günter, Pressesprecher bei Praktiker. Doch um welchen Zeitraum es sich bei "zunächst" handelt, dazu kann der Pressesprecher keine Auskunft geben. Hunderte Mitarbeiter in der Region stehen vor einer ungewissen Zukunft: In Nürnberg sind es zwischen 80 und 90, in Fürth und Zirndorf um die 60.

Die einstmals drittgrößte Baumarkt-Kette in Deutschland wurde aufgrund von Managementfehlern heruntergewirtschaftet, konnte die Stürme des Marktes nicht mehr verkraften und wurde letztlich durch einen langen Winter dahingerafft. Über Jahre lockte Praktiker die Kunden mit Rabatten („20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung“) in seine Läden - und erwarb sich mit dieser Strategie letztlich ein Billig-Image. Ein Teufelskreis, denn am Ende konnte die Kette auch keine höheren Preise mehr durchsetzen, als die Einkaufspreise anstiegen.

Preiskampf schadet Branche

„Rabatte und Discounts bieten keinen ausreichenden Wettbewerbsvorteil in einer durch Preiskampf und Marketingdruck geprägten Branche“, sagt Manuel Jahn, Experte für Handelsimmobilien bei der Beratungsfirma GfK. Aber die Rabattstrategie war nur einer von mehreren Fehlern bei Praktiker. Die Filialen waren teilweise zu klein und nicht produktiv genug; der Umsatz je Quadratmeter lag nach Einschätzung von Handelsexperten nur halb so hoch wie bei den besten Konkurrenten. Dazu kamen Fehler bei der Standortauswahl und der Sortimentspolitik sowie eine schwache Beratungsqualität.

Nun beginnt ein mühsamer Prozess, in dessen Mittelpunkt die insolvente Konzerntochter Max Bahr steht. Für die 132 Märkte unter diesem besser geführten Label gibt es bereits etliche Interessenten. Es könnten auch noch einige ehemalige Praktiker-Filialen unter das Dach von Max Bahr schlüpfen. Für die beiden Märkte in Nürnberg ist das nicht vorgesehen. Sie stehen auf der Schließungsliste.

Aber erst einmal müssen die Interessenten sich ohnehin die Bücher des Unternehmens genau ansehen. So richtig toll steht auch Max Bahr nicht da. Im Bericht über das erste Quartal wird hier ein Umsatz von 204 Millionen Euro ausgewiesen und ein operativer Verlust von 37 Millionen Euro.

Die Beschäftigten, die seit zwei Monaten mit der Unsicherheit über ihre Zukunft zurechtkommen müssen, leben weiter zwischen Hoffen und Bangen. Einige der Standorte werden weiter betrieben – vielleicht als Baumärkte, vielleicht aber auch als Textil-Outlet oder Elektromarkt. Manche Mitarbeiter werden eine Anschlussbeschäftigung finden, aber es lässt sich nicht sagen, wie viele. „Wir Arbeitnehmer müssen jetzt die Verantwortung für die zahlreichen Managementfehler tragen. Die Verantwortlichen für diese Katastrophe werden vermutlich mal wieder ungeschoren davon kommen“, schimpfte Kerstin Schäfer, Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei Praktiker.

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