„net:works“: Bastus Trump bat zum „Improvisationsflechtwerk“
19.10.2015, 09:24 UhrMan muss mutig sein und sich auf Ungewöhnliches, Querständiges sehr bewusst einlassen. Denn was Bastus Trump im Duo mit Johannes Billich am Schlagzeug und als Live-Elektronik-Meister mit großem Ensemble inszeniert, sind achterbahngleiche Grenzgänge zwischen den Stilen, bei denen Hörgewohnheiten und Musikkonventionen so lustvoll wie intelligent auf den Kopf gestellt werden.
Dass Bastus Trump sich für dieses ambitionierte Konzert-Vorhaben der Mitwirkung von Peter Fuldas Kollektiv „Metropolmusik“ versichert hat, war ein kluger Schachzug. Sind hier doch per se versierte Wanderer zwischen den (musikalischen) Welten versammelt; Musikerinnen und Musiker, die sich auf das „ernste“ Idiom ebenso verstehen wie sie sich in der Dimension der Blauen Noten zuhause fühlen.
Dafür ist ein Multitalent wie der junge Jazzer Johannes Billich ein lebendes Beispiel: Man kennt ihn als virtuosen Jazzpianisten und -komponisten, der schon diverse Preise für seine Kunst abgeräumt hat. Für Bastus Trumps Duo-Komposition „Entropie“ verwandelt Johannes Billich sich in einen konzentriert agierenden Schlagwerker, der ein kleines aber komplexes Percussion-Arsenal mit Phantasie und Emphase zu bedienen weiß.
Die 2014 von Trump geschriebene „Entropie“ verzichtet zwar auf jene völlige Auflösung der Strukturen, die ihr Titel nahelegen würde, ist aber getreu der thematischen Vorgabe ein musikalisches Zwiegespräch mit ungeplanten und unvorhersehbaren Wendungen, bei dem Mischklänge und Echo-Effekte eine zentrale Rolle spielen. Wie überhaupt in Bastus Trumps musikalischer Welt der Raum als Mitspieler stets einbezogen wird: Die kleine Bühne ist zentral angeordnet, die Klänge sollen sich an den Wänden der Blattgoldabteilung des Stadtmuseums brechen, reflektiert werden, als verkürzte Echos zurückkommen.
Dabei wird das Spannungsfeld zwischen natürlich erzeugten und digital generierten Schallereignissen auch intern aufgebaut, denn Johannes Billich wechselt bruchlos vom konventionellen Jazz-Schlagzeug auf elektronische Drum-Pads, deren Klänge überdies durch elektronische Schleifen geschickt werden.
Auch die Beschallungsanlage mit acht kreisförmig angeordneten Lautsprechern kommt zum Einsatz – allerdings längst nicht so exzessiv wie in Bastus Trumps aleatorischem Ensemblestück „Blind Date“. Das Prinzip für dieses Werk, das in Schwabach an diesem Abend erstmals aufgeführt wird, ist simpel: Acht Musikerinnen und Musiker – Florian Bischof am Cello, Peter Christof am Kontrabass, Caroline Hausen an diversen Blockflöten, Hans-Günter Brodmann am Schlagzeug, Christine Riessner an der Barocklaute, Denis Cuni Rodriguez an der Posaune, Gerhard Schäfer am Sopransaxofon und Gustavo Strauss an der Geige – unterhalten sich in Tönen, spielen kurze Duette.
Auf Büros verteiltes Ensemble
Nur, dass sie sich dabei gegenseitig nicht sehen können, weil sie auf verschiedene Büros des Stadtmuseums verteilt sind und ihre Beiträge über besagten Lautsprecher-Kreis in den Saal übertragen werden.
Dabei spielen stets alle acht Ensemblemitglieder, doch nur jeweils zwei von ihnen werden per Mischpult zum „Zufalls-Duett“ gebeten, mal für minutenlange Dialoge, mal nur für ein paar Takte. „Blinde“ Verabredungen eben, bei denen niemand weiß, was ihn oder sie erwartet.
Das erzeugt hohe Spannung, ist eine Hörerfahrung der ganz anderen Art – und gewinnt durch die ausgezeichnet klingende, sehr präsent und verfärbungsfrei aufspielende Oktophonie-Anlage beinahe highendige Qualitäten. Verschmelzen hier doch zwei Welten: die der Musikhörer, die viel Geld in hochwertige Wiedergabe-Ketten stecken, um Musik möglichst „besser als live“ hören zu können — und jene der Konzertfans, die lebende Instrumentalisten oder Sänger jeder Konserve vorziehen.
Dass sich bei Bastus Trump tonale Passagen und freie Studien über Mischklänge und Rhythmen beständig ablösen, gegenseitig durchdringen, miteinander kollidieren, erhöht die Spannung noch. Nach Sprengung der Konvention entsteht Neues.
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