Über 600 belagern das mittelalterliche Badhaus
14.2.2012, 09:00 UhrBislang gab es ein solches Angebot immer erst, nachdem ein wertvolles Gebäude abgebaut und im Freilandmuseum wieder aufgebaut war.
Schon am Vormittag „umlagerten“ zahlreiche Interessierte das Badhaus, um die einmalige Gelegenheit zu nützen, das alte Gebäude, das ansonsten nicht betreten werden kann, am alten Standort noch einmal zu besichtigen.
Schon vor längerem hat die Gemeinde das ehemalige Badhaus an der Schwarzach gekauft. Seitdem haben Experten die Möglichkeit, in diesem mittelalterlichen Stück Baugeschichte zu forschen.
Am Wochenende war das Interesse riesengroß. Über 600 Besucher drängten sich im und um das Haus. Museumsleiter Herbert May und Helmut Ortel von der Bezirksverwaltung erläuterten im Hof hinter dem Haus die Baugeschichte mit allen derzeit aus Archiven und Befunden vor Ort feststellbaren An- und Umbauten.
Die vielen Umbauten sind ein Grund, warum das Haus im Freilandmuseum in den kommenden Jahren nicht in der jetzt erhaltenen Form wieder aufgebaut werden wird, sondern weshalb die ursprüngliche Bauform aus der Erbauungszeit um 1450 für den Wiederaufbau gewählt wurde.
Anstatt des jetzigen Giebels zur Schwarzach hin, der von einem Umbau um 1730 stammt, wird das mittelalterliche Giebelfachwerk rekonstruiert. Und auch die rückwärtige Aufstockung zum Hof hin aus der Zeit um 1640 wird beim Wiederaufbau weggelassen.
Auch die Technik der „Blockbergung“ ganzer Wandteile wurde erläutert. Nur so könnten für den Wiederaufbau im Museum viele Details der Hausgeschichte wie Putz- und Malereispuren aus der über 500jährigen Baugeschichte erhalten und als Originalbefund für die Rekonstruktion wieder verwendet werden.
Im ehemaligen Obergeschoss – heute in Höhe der Hauptstraße bei der Brücke gelegen – zeigten Restaurator Dieter Gottschalk und andere Museumsmitarbeiter in knapp 30 Führungen die Räume und historischen Bauspuren an den Wänden wie etwa Belege für Kamine und die wertvollen Wandsegmente der Balken-Bohlen-Stuben des Hauses.
Das Haus, so Gottschalk, bestand im Mittelalter oberhalb der Badstube nicht nur aus der Wohnung des Baders, sondern war in zwei weitere beheizbare Wohnungen für gemeindliche Beamte unterteilt.
Im früheren Erdgeschoss, der „Badstube“, erläuterte Bauforscher Ralf Rossmeissl die einzelnen Räume. Anhand von Originalfunden und historischen Darstellungen ging er auch auf die früheren Dienstleistungen des Baders ein. Die Ausgrabungen, so Rossmeissl, seien aber noch lange nicht beendet. Als wichtige Funde zeigte er die inzwischen wieder freigelegten Heizanlagen der Heizstube und ein erst kürzlich freigelegtes Gewölbe für die Wassereinspeicherung in der „Brunnenstube“.
Im Moment kann wegen der ansonsten einsturzgefährdeten Gebäudemauern aber nicht mehr tiefer gegraben werden, wobei der ehemalige Boden der Badstube noch längst nicht erreicht ist.
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