Söders top-geheime Zukunftspläne für Bayern
29.4.2018, 06:00 UhrAm Münchner Hauptbahnhof praktisch in den Flughafen einsteigen – so beschrieb der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in seiner historische Transrapid-Rede schon einmal seine technologische Zukunftsvision. Dass aus dem Flughafen-Transrapid nichts wurde, schreckt seinen Erben Markus Söder (CSU) nicht. Gegen den "Hyperloop", für den Söder die "europaweit erste Referenzstrecke" bauen will, wäre der Transrapid eine Schnecke.
Söder Visionen umfassen aber nicht nur die bis zu 1200 km/h schnelle Rohrpost für Personen, sondern auch das Raumfahrtprogramm "Bavaria One", das bereits die Fantasie zahlreicher Kabarettisten beflügelt hat. Zudem kündigte der neue Ministerpräsident in seiner ersten Regierungserklärung an, den Freistaat "zu einer führenden Pilot- und Produktionsregion für individuellen Flugverkehr wie etwa Flugtaxis" zu machen. Für den Verkehr auf der Straße und in der Luft werde er "sauberen Bayern-Sprit" entwickeln lassen – und zwar in einem Zentrum in Straubing.
In Söders Amtszeit soll also zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden ein Zukunftsland entstehen, gegen welches das Silicon Valley alt aussieht. Doch wer angenommen hatte, dass Söder die Blaupausen dafür bereits in der Staatskanzlei verwahrt, sieht sich enttäuscht. Offenbar eilen die Gedanken des Landesvaters der bürokratischen Realität in den zuständigen Staatsministerien voraus.
Die Pressesprecher der Ministerien für Wissenschaft, Verkehr sowie Wirtschaft mühen sich nach Kräften, viel Konkretes können sie aber noch nicht beisteuern. Immerhin hat man sich im Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, das sich für den rechtlichen Rahmen zum Thema Lufttaxis zuständig erklärte, schon einmal Gedanken gemacht und herausgefunden, dass "die derzeitigen Regelungen einen individuellen Luftverkehr" nicht vorsehen. Erst müsse die EU tätig werden, bevor autonom verkehrende Lufttaxis vorstellbar seien. Soweit es um die Förderung von Projekten gehe, sei das Wirtschaftsministerium zuständig.
Es seien bereits "ganz konkrete Projekte mit diesem Fokus identifiziert und vorbereitet", sagte eine Sprecherin des Wissenschaftsministeriums, und zwar schon vor der Regierungserklärung. Dabei gehe es vor allem um Flugtaxis sowie um elektrisches Fliegen. Details nannte sie mit Verweis auf den noch nicht verabschiedeten Nachtragshaushalt aber nicht.
TU München arbeitet am Hyperloop-Projekt
Mit dem "Hyperloop" beschäftigt sich das bayerische Wissenschaftsministerium – jedenfalls theoretisch. Zu einer möglichen Referenzstrecke aber konnte man auch dort nichts weiter sagen. Namentlich die Technische Universität München, hieß es dort, leiste "einen wichtigen Beitrag bei der Suche nach modernen Formen der Mobilität". Die Fragen der Produktion und technischen Umsetzung berührten allerdings "grundsätzliche Fragen der Wirtschafts- und Verkehrspolitik", spielt der Sprecher des Wissenschaftsministeriums den Ball weiter.
Auch zum geplanten "Zentrum für sauberen Sprit" in Straubing ist wenig bekannt. "Wir haben verschiedene Konzepte in der Schublade, aber Details kann ich nicht nennen", sagt ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums, nachdem CSU-Politiker zuvor die große Chance für Niederbayern ausführlich bejubelt hatten. Demnächst, verspricht das Ministerium, werde man konkret werden.
Söder muss wohl noch deutlich an Tempo zulegen, wenn Bayern wie gewünscht an der Spitze des Fortschritts bleiben soll. Siemens und der europäische Airbus-Konzern jedenfalls wollen ihren "CityAirbus", einen Prototypen für ein autonom operierendes elektrisches Lufttaxi mit Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h, noch heuer aufsteigen lassen.
US-Unternehmer und Visionär Elon Musk (Tesla) ist den Bayern zum Beispiel in Sachen "Hyperloop" schon etliche Schritte voraus. Die Firma Hyperloop Transportation Technologies hat Musks Konzept übernommen und will noch heuer eine Teststrecke in Toulouse in Betrieb nehmen. Die freilich soll nur 320 Meter kurz sein. Söder stellt sich mit seiner Referenzstrecke wohl Größeres vor. In der luftleeren Röhre jedenfalls könnte sich Söder in zehn Minuten von der Staatskanzlei nicht nur zum Münchner Flughafen, sondern gleich in die Nürnberger Heimat schießen lassen. "Der Hyperloop", spottete am Mittwoch Kabarettist Django Asül beim Maibockanstich in München, "ist der legitime Nachfolger vom Transrapid. Und der war ja schon ein großer Erfolg."
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