Eine bedeutende Eisenzeit-Siedlung in Dettenheim entdeckt
24.5.2015, 07:00 UhrDas Rezattal bei Dettenheim sah vor rund zweieinhalb Jahrtausend Jahren völlig anders aus als heute. Die Rezat mäanderte, drei Meter tiefer als heute, in einem schmalen Bett durch eine hügelige Auenlandschaft. An den trockeneren Hanglagen standen die Lehm-Holz-Häuser der damaligen „Dettenheimer“, eine Palisadenwand mit Graben trennte den heiligen Bezirk des Friedhofs von den Wohnbereichen ab. Dort erhoben sich Grabhügel mit Steinumkreisungen in einer sumpfigen, mit Schilf bestandenen, immer wieder überschwemmten Talaue.
„So könnte man sich das vorstellen“, sagte Dr. Stefanie Berg-Hobohm, vom Landesamt für Denkmalpflege bei einem Ortstermin in Dettenheim. Sie verweist darauf, dass die Detail-Untersuchung der Funde noch aussteht, aber als Arbeitshypothese sei von einer bedeutenderen Ansiedlung auszugehen.
Bei ihren rund sieben Monaten währenden Grabungen stießen die Archäologen von der Grabungsfirma „Archbau“ auf rund 50 sehr reich ausgestattete Gräber sowie Siedlungsspuren aus der Eisenzeit zwischen 800 und 200 vor Christus. Wie weit sich Siedlung und Friedhof erstreckten, konnte noch nicht festgestellt werden. Ergraben wurden nur die Bereiche, die sonst der Baustelle der B-2-Umfahrung zum Opfer gefallen wären. Weitere Untersuchungen sollen die Ausdehnung der urzeitlichen Siedlung noch genauer zu erkennen geben.
Neben dendrochronologischen Bestimmungen der Asche sollen Pollenanalysen einen Einblick in die ferne Welt der Eisenzeit im Rezattal geben. Welche Pflanzen wuchsen dort, wie war das Klima, wieviele Menschen lebten in der Siedlung und wie sah die Landschaft aus? Das sind die Fragen, denen die Wissenschaftler in den kommenden rund eineinhalb Jahren auf die Spur kommen wollen. Berg-Hobohm versprach, dass die Ergebnisse dann auch in einer Veranstaltung in Dettenheim vorgestellt werden. Außerdem soll eine eigene Publikation zu der Grabung erstellt werden.
Mit der Aufarbeitung der Funde durch das Landesamt für Denkmalpflege soll sofort begonnen werden. Das zeigt, wie hoch die Grabungsbefunde eingeschätzt werden, denn in den Depots von Landesamt und Archäologischer Staatssammlung stapeln sich die Funde. Bis heute sind wichtige Grabungen aus der Römerzeit in Weißenburg unbearbeitet.
Die Bedeutung liegt vor allem in dem weitgehend ungestörten Befund, der einen kompletten Einblick in die Zeit vor 2500 Jahren zulässt. Weder Grabräuber noch Pflugscharen haben die Grabstätten der Eisenzeit-Menschen gestört. Die Funde sind zudem sehr gut erhalten, weil in relativ kurzer Zeit eine rund drei Meter dicke Sedimentschicht Siedlungsteile und Gräberfeld überlagerte und Gräber wie Häuser vor dem Zahn der Zeit schützte. Möglicherweise war die starke Erosion Ursache einer eisenzeitlichen Umweltsünde, nämlich der großflächigen Rodung der Hangwälder.
„Das war hier völlig unbekannt“, zeigte sich Berg-Hobohm von der Siedlung überrascht. Man hatte sich eher wegen der direkten Nähe zum Karlsgraben auf eine umfangreichere Grabung eingestellt. Das hierzu wenige neue Erkenntnisse auftauchten, können die Forscher gut verkraften. „Berg-Hobohm: „Was wir da gefunden haben, hat alle unsere Erwartungen übertroffen.“
Schwert und Fibeln
Bereits jetzt tauchten Fibeln, ein Schwert und jede Menge Keramik-Geschirr aus den Gräbern auf. „Das sind sehr häufig komplette Sets“, stellte Dr. Arne Schmid-Hecklau von der Grabungsfirma fest. In dem Umfang und dieser guten Erhaltung sei das die absolute Ausnahme. Bei einem Begang der Grabung, die voraussichtlich in den nächsten Wochen enden wird, sieht man die Gefäße, vom Druck der abgelagerten Erdschicht geborsten im Boden stecken. Die kunstvolle Bemalung des eisenzeitlichen Geschirrs lässt sich mit bloßem Auge erkennen. Ein faszinierender Einblick in die Vergangenheit.
Weitere Funde können noch auftauchen, denn die Grabkammern wurden zumeist komplett geborgen und werden in den kommenden Monaten untersucht und restauriert. Was in den Krügen steckt, wird man erst dann wissen.
Sicher scheint bereits jetzt, dass es sich um eine größere Siedlung handelte, in der auch sozial höher gestellte Personen lebten und begraben wurden. Wieviel Menschen in der Zeit zwischen 800 und 200 vor Christus rund um das heutige Dettenheim lebten, lässt sich aktuell nicht sagen. Vermutlich aber waren es weit mehr, als man sich das als Laie vorstellen mag.
„In der Eisenzeit hatte man ein Klimaoptimum“, erklärt Berg-Hobohm, „das heißt, wärmere Winter und bessere Ernten. Da wurde fast alles genutzt, was es an Land gab.“ Dass das Rezattal in Richtung Weißenburg eine vergleichsweise dicht besiedelte Siedlungskammer der Eisenzeit war, das sei nun zumindest mal die Arbeitshypothese. Eine Besiedlung, ähnlich wie heute, sei vorstellbar, so die Wissenschaftlerin. Bis zur Präsentation der Ergebnisse bleibt auch das allerdings nur Spekulation, wenn auch eine sehr spannende.
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