In Mini-Wug die große Welt erleben
10.7.2018, 08:51 UhrEs gibt eigene Personalausweise, ein eigenes Arbeitsamt, eine eigene Bank, aber auch Handwerksbetriebe, ein Kino, ein Restaurant, eigenes Geld und ab heute auch ein eigenes Kaufhaus. Ein aufwendiges Schulprojekt, aber auch ein bemerkenswertes, das es in dieser Form nach 2016 erst zum zweiten Mal gibt.
Täglich heißt es für jeden Schüler in dieser Woche sich frühmorgens seinen Personalausweis abzuholen und zum Arbeitsamt zu marschieren. Dort können sich die Schüler für Tätigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen eintragen. So gibt es eine Fahrrad-, eine Holz- und eine Schmuckwerkstatt, eine Druckerei, einen Instrumentenbau und eine Gärtnerei. Und beim Upcycling werden Gegenstände aus gebrauchten Materialien hergestellt, beispielsweise Geldbeutel aus Tetra Paks.
Mit dabei sind aber auch die Forstwirtschaft, ein Schulradio und eine Zeitung. Die Weißenburger Feuerwehr ist jeden Tag mit einem anderen Fahrzeug vor Ort. Die Mädchen und Jungen erfahren so viel Wissenswertes zur praktischen Arbeit der Retter. Doch nicht nur die Stadt und die Feuerwehr unterstützen die Mini-Wug, auch Firmen engagieren sich, beispielsweise wäre die Fahrradwerkstatt ohne „Velovita“ nicht machbar.
Das tägliche Leben erfahren
Für die Arbeit, die die Schüler leisten, gibt es einen Lohn, der Minis heißt. Das Geld können die Schüler im Kaufhaus oder bei Freizeitaktivitäten, beispielsweise bei einem Kinobesuch, in einer Wellnessoase oder im Restaurant wieder ausgegeben. Überall dort arbeiten – wie in allen Bereichen angeleitet von Lehrern – auch wieder Schüler. Gestern wurde im Restaurant unter anderem eine Karottencremesuppe, Chili con Carne und Nudeln mit Tomatensoße gekocht, aber auch Weißbrot gebacken.
Als die Speisen fertig waren, stellte einer der jungen Köche fest: „Ich habe jetzt Hunger, aber ich kann mir noch gar nichts zum Essen kaufen, weil ich noch keinen Lohn habe.“ Viele Zusammenhänge des täglichen Lebens, die für Erwachsene selbstverständlich sind, werden für die Schüler in der Mini-Wug erfahrbar.
In der gibt es übrigens auch wie im richtigen Leben Behörden: das Arbeitsamt beispielsweise, wo die Arbeitsstellen vergeben werden, ein Ordnungsamt, das für Aufräum- und Lagerarbeiten zuständig ist, und sogar ein Standesamt: „Es sind schon ein paar Eheschließungen angemeldet“, grinste Schulleiter Markus Scharrer. Auf die Frage, ob es denn auch – ganz realitätsnah – ein Amtsgericht für die Scheidungen gibt, meinte er augenzwinkernd: „In der Mini-Wug wird nicht geschieden. Die müssen durchhalten.“
Nicht fehlen darf eine Uni. In der gibt es Vorträge, beispielsweise von Markus Steinhöfer über das Leben als Profifußballer. „Jobs im Straßen- und Tiefbau – nichts für Weicheier“ stellt Stefan Ruck vor. Und Matthias Huzel geht der Frage nach: „Wie wird Zement hergestellt?“ Oberbürgermeister Jürgen Schröppel berichtete gestern von seiner Arbeit und machte dabei deutlich, dass man als Stadtoberhaupt alles andere als einen Acht-Stunden-Tag hat.
Den hat auch Steve Kroeger nicht. Die Arbeitswelt des 41-jährigen Wahl-Weißenburgers, der gestern ebenfalls in der Mini-Wug-Uni zu Gast war, sieht ganz anders aus. Er erzählte aus seinem Leben als Extremsportler, Motivationstrainer, Unternehmensberater und Buchautor. Er machte den Schülern vor allem Mut, ihre eigenen Wege zu gehen und ihre Träume zu leben.
Kroeger hat dies selbst getan und von 2007 bis 2014 die höchsten Berge in Europa, Afrika, Süd- und Nordamerika, in der Arktis und der Antarktis und den Mount Everest bestiegen. Fünf Dinge gab er seinen jungen Zuhörern mit auf den Weg: Sie sollen mutig sein. Sie sollen immer wieder aufstehen. Sie sollen von Älteren lernen. Sie sollen Danke sagen. Und sie sollen freundlich sein.
Mit Freundlichkeit komme man weiter und sie öffne viele Türen. Gleiches gelte für das Danken, denn man dürfe nicht vergessen, „dass nichts in diesem Leben selbstverständlich ist“. Kroeger verstand es, schülergerecht seine Botschaften zu servieren und die Mädchen und Jungen zu fesseln.
Fazit: Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir, lautet eine alte Weisheit. In der Mini-Wug wird sie mit neuem Leben erfüllt – nicht zuletzt dank vieler überaus engagierter Lehrer.
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